Ähnlich wie beim Thema Design ranken sich allerlei Vermutungen und teilweise auch unrichtige Behauptungen rund um Hublot als Uhrenmanufaktur. Klar, Hublot ist eine Uhrenmarke die polarisiert.
Mich persönlich beschäftigte das etwas und daher habe ich etwas Zeit und Mühe investiert und ein paar Fakten rund um das Thema „Hublots Uhrwerke“ zusammengetragen, die ich an dieser Stelle teilen möchte.
Wenn Liebhaber mechanischer Uhren über das Thema „Manufaktur“ sprechen, dann ist oft die Kompetenz einer Uhrenmarke in der Konstruktion und Herstellung eigener Uhrwerke gemeint, wenn auch der Manufakturbegriff in meinen Augen weit über die Uhrwerke hinausgeht.
Grund genug dafür, dass ich mich in den letzten Wochen sehr intensiv mit den Uhrwerken von Hublot beschäftigt habe. Dabei habe ich mir jedes verwendete Kaliber angeschaut, viel recherchiert und auch oft nachgefragt, um einige valide Fakten zusammen zu tragen.
Eine vollständige und bebilderte Übersicht der Hublot Kaliber, die bei meiner Recherche quasi als Nebenprodukt entstanden ist, habe ich hier im Blog online gestellt:
https://100percentpassion.net/2016/10/06/hublot-alle-gesammelten-uhrwerke/
Zählt man alle Uhrwerke anhand der Kaliberbezeichnungen zusammen die es bei Hublot seit 2005, also der Zeit des Einstiegs von Jean-Claude Biver, gegeben hat, dann kommt man auf etwas über fünfzig Uhrwerke.
In der Zeit bis 2005 verwendete Hublot vorwiegend Quarzwerke, weswegen ich diese Zeit nicht mit betrachtet habe. Streicht man nun die Modifikationen einzelner Grundwerke und Abwandlungen (z.B. skelettierte Varianten) weg bleiben noch 35 Kaliber übrig.
Von diesen 35 Kalibern sind zehn Kaliber extern zugekauft. Die restlichen 25 Kaliber sind von Hublot konstruierte und inhouse gefertigte Uhrwerke. Bei den zugekauften Kalibern handelt es sich im Wesentlichen um einfache Dreizeiger-Kaliber, zwei Quarz-Werke und Chronographenkaliber, welche als Uhrwerke der Big Bang Modelle die ersten mechanischen Kaliber bei Hublot in der Neuzeit waren uns seit heute im Programm sind.
Alle komplizierten Uhrwerke, mit Ausnahme des Kalibers HUB 5003 aus dem Big Bang Alarm Repeater, sind selber konstruierte und bei Hublot gefertigte Manufakturkaliber.
Zeitweise ließ Hublot auch einige wenige im eigenen Haus konstruierte Kaliber extern z.B. bei La Joux-Perret fertigen (z.B. das HUB 1300), da schlicht die Produktionskapazitäten im eigenen Hause fehlten. Heute, seit der Fertigstellung eines neuen Gebäudes, ist das nicht mehr der Fall.
Diese o.g. absoluten Zahlen wie die Anzahl der Kaliber alleine reichen jedoch kaum für eine Bewertung aus. Aufschlussreicher sind da schon die Produktionszahlen, die man bei Hublot, anders als bei anderen Uhrenmarken, ohne weiteres auf Anfrage genannt bekommt.
Aktuell sind etwa 65 Prozent der jährlich verkauften Uhren mit Manufakturkalibern ausgestattet.
Von 0 auf 65 Prozent Manufakturqualität in weniger als zehn Jahren, das muss man ersteinmal schaffen!
Erklärtes Ziel ist es, bis 2020 auf etwa 85 Prozent zu kommen. Die restlichen 15 Prozent sollen zugekaufte, technisch stark veränderte Kaliber sowie einfache Dreizeiger-Kaliber sein, die man weiterhin zukaufen will.
Verbreitete Meinung ist es, dass Hublot erst im Jahr 2011 mit der Präsentation des Unico-Kalibers in der Lage war, eigene Uhrwerke zu fertigen. Dem ist aber nicht so.
Das Unico-Kaliber, ganz sicher ein Meilenstein für Hublot, ist ein Flyback-Chronograph mit modifiziertem Klinkenaufzug, doppelter horizontaler Kupplung, einem direkt vom Federhaus mit Energie versorgten Minutenzähler, Anker und Ankerrad aus Silizium sowie auf die Zifferblattseite verlegtem Mechanismus des Chronographen und des Kalenders. Gar nicht so schlecht für das erste eigene Chronographenkaliber.
Und es ist das erste Hublot-Kaliber, welches in größeren Stückzahlen als Ersatz für die zugekauften Kaliber den Big Bang Modellen verwendet wird.
Und doch finden sich Eigenentwicklungen von Hublot auch in der Prä-Unico Zeit sowohl in Form eigener, komplizierter Kaliber als auch in Form von anspruchsvollen Modifikationen an zugekauften Kalibern.
Ein wichtiges Kapitel in der Geschichte von Hublot als eigenständige Manufaktur war die Übernahme der Firma BNB-Concept im Jahr 2010.
Diese kleine, vom sympathischen Mathias Buttet gegründete Firma war spezialisiert auf die Entwicklung und Fertigung höchst komplizierter Uhrwerke für andere Uhrenmarken. Auch Hublot zählte zu den Kunden von BNB Concept. Im Zuge der Wirtschaftskrise 2009/2010 folgte die Insolvenz dieser kleinen und feinen Ideenschmiede, weil einige Kunden ihre Rechnungen nicht mehr beglichen. Jean-Claude Biver übernahm den Großteil der Mitarbeiter und Maschinen und integrierte sie bei Hublot, zunächst als eigene Zelle mit der Bezeichnung „Hublot Confrerie Horlogerie“. Mathias Buttet ist seit dem der Entwicklungschef von Hublot und ein höchst interessanter Ingenieur, der u.a. aktuell bei Hublot auch an Tauchdrohnen für die Unterwasser-Archäologie baut. Aber das ist ein anderes Thema…!
Ich möchte meine Vorstellung mit den zugekauften Kalibern beginnen, weil diese ein wichtiger Punkt in der ständigen Diskussion rund um Hublot sind. Oft wird argumentiert, in einer Hublot-Uhr der aufgerufenen Preisklasse dürfte doch kein zugekauftes Kaliber verwendet werden.
Aber zugekauftes Kaliber ist nicht gleich zugekauftes Kaliber.
Am Beispiel der Big Bang aus dem Jahre 2005, dem ersten Modell also, das unter Jean-Claude Biver entstanden ist, möchte ich dies zeigen. In dieser Uhr wurde ein bei La Joux-Perret zugekauftes und intern erheblich zusätzlich verändertes Kaliber mit der Bezeichnung HUB 44 (s. das Bild oben) verwendet. Dieses Kaliber basiert grundsätzlich auf dem ETA/Valjoux 7750, hat mit diesem aber nicht mehr viel gemein. La Joux-Perret veränderte den Chronographen-Mechanismus des ursprünglich per Nockenschaltung gesteuerten 7750 vollständig und baute z.B. ein Schaltrad samt der dazugehörigen Mechanik ein. Es entstand das Kaliber LJP 8144.
Hublot nahm dieses Kaliber und ersetzte dann noch alle Brücken, die Grundplatine und alle Schrauben gegen Teile aus einer bei Hublot entwickelten Titanlegierung und senkte das Gewicht des Kalibers von 45 Gramm auf 22 Gramm. Sie ist dieses Kaliber in der Mag Bang I und II zu finden. Zudem wurde der automatische Aufzug modifiziert.
Hier, zum Vergleich mit dem oben gezeigten Kaliber HUB 44, das ursprüngliche ETA 7750.
Auch technische Modifikationen wie eine Sekunden-Split und eine „Blitzende Sekunde“, die das Messen von Achtelsekunden möglich macht, ergänzte Hublot zum Kaliber HUB 44, dass in dieser Version den Zusatz „RTF“ bekam
In einigen Uhren fand sich auch „nur“ die Blitzende Sekunde, wie hier bei einem Senna-Sondermodell.
Es gibt auch eine Hublot-Modifikation des La Joux-Perret Kalibers 8144, bei welcher der gesamte Chronographen-Mechanismus auf die Zifferblattseite verlegt worden ist und durch das skelettierte Zifferblatt z.B. das ebenfalls vorhandene Schaltrad zu beobachten ist. Dieses Kaliber nennt sich HUB 4247.
Hier sind deutliche Parallelen zu den später lancierten Unico-Kalibern zu erkennen.
Die vollständig und auch technisch umgebauten ETA 7750/La Joux-Perret Kaliber dürfen also als direkte Vorstufe von Hublot hin zum eigenen Unico-Chronographen-Kaliber gesehen werden.
In einer weiteren Modifikation, dem Kaliber HUB 4245, wurde zudem die Anzeige der Stopp-Minute dahingehend von Hublot verändert, dass diese nun aus dem Zentrum heraus angezeigt wird.
Hublot kaufte für die eigenen Uhren also nicht grundsätzlich einfach ein ETA 7750 und verbaute dieses. Bei den gezeigten Kalibern von einem normalen „ETA 7750“ zu sprechen wird den grundlegenden technischen Änderungen kaum gerecht.
Sicher, auf den ersten Blick, durch den transparenten Boden betrachtet, sehen die in den Hublot-Uhren verwendeten Kaliber aus wie ein ETA 7750 oder wie ein ETA2892-2.
Aber auch hier, wie so oft bei Hublot, lohnt der zweite Blick.
Dieses technische stark modifizierte ETA 7750 mit der Bezeichnung HUB 44 bzw. heute 42XX findet sich z.B. in den Aero Bang Chronographen.
Das Kaliber HUB 4100 in der Big Bang 44mm ist ein Kaliber, das auf dem ETA 2894-2 basiert. Es handelt sich im Prinzip um ein ETA 2892-2 mit ETA Chronographenmodul. Man findet dieses Kaliber insgesamt eher selten, da es laut Auskunft von ETA im Einkauf etwa den vierfachen Preis eines 7750 kostet.
Ein weiteres zugekauftes Chronographenkaliber ist das HUB 4700 der Spirit of Big Bang. Dieses basiert auf dem bekannten El Primero der Schwestermarke Zenith und wird dann bei Hublot skelettiert.
Ein weiteres Kaliber von Zenith, das Elite, wird als HUB 1710 in den Damenmodellen Big Bang One Click verwendet.
Darüber hinaus verwendete Hublot anfangs ETA 2892-2-Uhrwerke für die Classic Fusion Dreizeiger-Modelle.
Nachdem die Swatch-Group die Lieferung dieser Kaliber nach extern weiter zurückgefahren hat wechselte Hublot zu einem Uhrwerk von Sellita, genauer das SW300-1, welches auf Grundlage des ETA 2892-2 entwickelt worden ist und verwendet diese heute als Kaliber HUB 1110 und 1112 in den Classic Fusion Dreizeiger-Modellen, also in der Einstiegsklasse von Hublot.
Mehr zur Classic Fusion Dreizeigeruhr hier in meinem Blog:
https://100percentpassion.net/2016/07/27/hublot-classic-fusion-racing-grey/
Hublot stattet solche zugekauften Kaliber wie das Sellita SW300-1 aber in einigen Uhren auch mit eigenen Modulen aus, um deren Funktionsumfang zu erweitern und um den Hublot-typischen technischen Look zu generieren. Die oben gezeigte Classic Fusion Forbidden X (s. das Bild oben) hat z.B. ein SW300-1 mit Chronographenmodul. Das Kaliber nennt sich dann HUB 1143.
Auch in den anderen Classic Fusion Aerofusion Chronographen ist ein derart modifizierte Sellita-Kaliber mit der Bezeichnung HUB 1155 zu finden.
Mehr Details zu Classic Fusion Aeromoon gibt es hier in diesem Blog:
https://100percentpassion.net/2016/08/18/classic-fusion-aeromoon-hublots-erste-mondphase/
Ein weiteres Beispiel für die Ergänzung zugekaufter Kaliber mit eigener Technologie ist die von mir bereits in einem anderen Artikel vorgestellte Classic Fusion Aeromoon. Hier wurde beim Kaliber HUB 1131 einem Sellitta SW300-1 ein Kalendermodul von Hublot aufgesetzt.
Die einzige komplizierte Hublot-Uhr, die ein extern produziertes Kaliber trägt ist der Big Bang Alarm Repeater.
Dieses Uhrwerk kommt von einem weiteren Spezialisten für komplizierte Uhrwerke, von Chronode. Chronode baut auch Uhrwerke für Harry Winston, HYT etc. Hublot ergänzte Anke und Ankerrad aus Silizium.
Mehr über den Big Bang Alarm Repeater gibt es hier zu lesen:
https://100percentpassion.net/2016/07/16/hublot-big-bang-alarm-repeater-into-the-details/
Darüber hinaus verwendet Hublot zwei extern in der Schweiz zugekaufte Quarzwerke in zwei Classic Fusion Damenuhren.
Alle anderen bei Hublot verwendeten Kaliber, etwa 25 an der Zahl (je nach Zählart, ich habe die Varianten von Grundkalibern nicht mitgezählt), sind eigene Kaliber. Besonders vor dem Hintergrund, dass Hublots Geschichte als echte Uhrenmanufaktur erst ca. 2009 richtig begann, sind diese Zahlen doch beeindruckend. Die eigenen Kaliber sind meist kompliziert und tragen technische Finessen wie Tourbillons, Schlagwerke, Chronographen und Kalendarien. Oder aber außergewöhnlich hohe Gangreserven von 10, 40 oder sogar 50 Tagen.
Hier einige Beispiele:
Um diese Hublot-Manufakturkaliber wird es im zweiten Teil meines Artikels gehen.
Danke, trotzdem empfinde ich die “Einstiegsuhren” für vollkommen überteuert, da ändern für mich auch ein paar Modifikationen nichts. Das ist an sich schade, denn die Uhren sind vom Design spitze aber rund 5000 zu teuer.
Nun, das kann ich verstehen. Aber einseits stellt sich die Frage, welche Luxusuhr nicht überteuert ist?! Eigentlich jede! Andererseits ist die Einschätzung, ob eine Uhr ihren Preis wert ist immer sehr individuell und von der jeweiligen Person abhängig.
Ich würde mir auch keine Uhr mit modifiziertem zugekauften Uhrwerk in dieser Preisklasse kaufen. Manufakturtechnik hingegen schon.
Mich stören nur die teilweise sehr hartnäckigen und größtenteils falschen Behauptungen, die über Hublot allerorten verbreitet werden und denen ich auch jahrelang aufgesessen bin.
Da helfen meiner Ansicht nach nur Fakten und die wollte ich mit diesem Artikel darstellen.
Beste Grüße!
Der Artikel ist auch sehr gut gelungen, Respekt!
Vielen lieben Dank! Mich hat halt nur interessiert, ob an den ganzen Spekulationen etwas dran ist.
Seit vielen Jahren bis April diesen Jahres habe ich Hublot mit Abstand beobachtet. Richtig kennen gelernt
habe ich die marke aber erst durch einen guten Freund und durch ein Besuch in Nyon. Das hat meine bis dahin durchaus vorurteilsbehaftete Sicht massiv verändert.
Und seitdem interessiert mich diese Marke enorm, wenngleich ich mir uch nicht jede Hublot-Uhr kaufen würde.
Beste Grüße!