Richard Lange, der älteste Sohn von Ferdinand Adolph Lange wurde 1845, also in dem Jahr der Gründung der Firma A. Lange in Glashütte geboren.
Richard Lange war genial. So einfach kann man das auf den Punkt bringen. Der Mann entwickelte einige Technologien und Materialien, die noch heute in der Uhrenindustrie genutzt werden. So meldete er z.B. im Jahr 1930 ein Patent mit der Nummer DE 529945 an, welches eine „Metalllegierung für Uhrenfedern mit Berylliumzusatz für mehr Elastizität und Härte“.
Somit gilt Richard Lange als geistiger Vater der Nivarox-Spirale. Welcher Uhrenliebhaber kennt sie nicht?
Richard Lange war eine der prägenden Persönlichkeiten in der Geschichte von A. Lange & Söhne. Nach einer Ausbildung bei seinem Vater und weiteren Uhrmachern besuchte er auch die Königliche Werkmeisterschule in Chemnitz. Er hatte das uhrmacherische Talent seines Vaters geerbt und erfand so zahlreiche Neuerungen und Verbesserungen für die Lange-Uhren. Er kam auf insgesamt 27 Patente und Gebrauchsmuster für das Familienunternehmen.
Im Jahr 1868 trat er als Mitinhaber in das väterliche Uhrmacherunternehmen ein, welches seit dem unter der Firmierung A. Lange & Söhne auftrat. Drei Jahre später gesellte sich auch sein jüngerer Bruder Emil Lange dazu. Mit dem Tod des Vaters 1875 übernahmen Richard und Emil Lange die Führung des Unternehmens, bis Richard sich 1887 aus gesundheitlichen Gründen aus der Leitungsfunktion zurückziehen musste.
Und so benennt A. Lange & Söhne auch heute noch besonders komplexe Uhren nach Richard Lange.
Beispiele wie die Richard Lange „Pour Le Mérite“ mit einem constant force-Antrieb über Kette und Schnecke oder aber die faszinierende Richard Lange „Terraluna“ und das Richard Lange Tourbillon „Pour Le Mérite“ sind beste Beispiele für die Uhrmacherkunst, die auch heute noch bei A. Lange & Söhne gelebt wird.
Hier habe ich über diese drei Modelle bereits berichtet:
Richard Lange Tourbillon Pour Le Mérite
Im Jahr 2016 präsentierte A. Lange & Söhne dann ein weiteres mikromechanisches Kunstwerk: die Richard Lange „Springende Sekunde“.
Und bei dieser Uhr ist der Name auch Programm. Sie verfügt über einen, im Sekundentakt springenden Sekundenzeiger.
Auch bei dieser technischen Finesse orientiert sich A. Lange & Söhne an einem historischen Vorbild. Wie schon beim Richard Lange Tourbillon „Pour Le Mérite“, dass sich an der alten Taschenuhr No. 93 von Johann Heinrich Seyffert aus dem Jahr 1807 orientiert, nahm man auch bei der „Springenden Sekunde“ eine historische Konstruktion als Vorlage.
Die springende Sekunde oder „seconde morte“ gehört zu den klassischen Komplikationen der Präzisionsuhrsmacherei. Taschenuhren mit dieser Technik wurden einst zur Bestimmung der Stern- oder Sonnenzeit und zur Ermittlung der geografischen Länge herangezogen. In der Geschichte von A. Lange & Söhne spielt die springende Sekunde eine besondere Rolle. Schließlich entwickelte Ferdinand Adolph Lange schon 1867 ein „Secundenwerk mit springendem Zeiger“, für das sein Unternehmen zehn Jahre später eines der ersten Patente des neu gegründeten Kaiserlichen Patentamts erhielt.
Emil und vor allem Richard Lange sind entscheidende technische Verbesserungen des „Secundenwerks“ zu verdanken, die schlussendlich im Reichspatent Nr. 182 vom 3. August 1877 verankert sind.
Die Besonderheit dieser patentrechtlich geschützten Konstruktion bestand darin, dass sie sich im Sinne eines Moduls auf dem bereits vorhandenen Uhrwerk mit Dreiviertelplatine montieren ließ. Im Bild oben ist die Art der Konstruktion sehr gut zu erkennen. Sie wurde erstmals von Emil Lange in seinem Meisterstück, einer Taschenuhr mit springender Sekunde, in die Realität überführt.
Und exakt diese Konstruktion belebte A. Lange & Söhne im 26. Jahr nach der Wiedergeburt der Marke in der Richard Lange „Springende Sekunde“ wieder.
Natürlich konstruierte man bei A. Lange & Söhne einen vollständig neuen, integrierten Mechanismus, der zudem über ein Nachspannwerk mit Energie versorgt wird, ohne das die Präzision der Uhr leidet.
Die genialen Nachspannmechanismen von A. Lange & Söhne kann man sich bildlich als kleine Energiespeicher im Uhrwerk vorstellen. Sie speichern Energie und geben diese z.B. an Zusatzmechanismen wie die digitale Zeitanzeige über Scheiben bei den Lange Zeitwerk-Modellen.
Solche Zusatzmechanismen benötigen für einen kurzen Zeitraum, z.B. wenn die Scheiben der Zeitwerk bewegt werden, Energie, die im Fall von Nachspannwerken nicht direkt aus dem Antrieb der Uhr genommen wird, sondern aus einem Speicher. So steht der Uhr an sich immer ausreichend konstante Energie für einen präzisen Gang zur Verfügung.
Ein Nachspannwerk kann aber nicht nur Energie speichern, es kann auch Energie konstant abgeben. Dieses Prinzip wird bei der Lange 31, einer Armbanduhr mit 31 Tagen Gangreserve, angewandt. Hier war schlicht kein Platz für eine Kette und Schnecke.
Die Schwankungen im Energiefluss der 1,80m langen Federn des Federhauses zwischen dem vollaufgezogenen Zustand (viel Energie) und dem Ablaufen (immer weniger Energie) werden durch das Nachspannwerk der Lange 31 ausgeglichen, so dass die Uhr, unabhängig von der Federspannung des Federhauses, immer eine konstante Menge an Energie bekommt. Das macht die Uhr präzise im Gang.
Doch zurück zur Richard Lange „Springende Sekunde“, um die es in diesem Artikel hauptsächlich gehen soll. Ein Sekunden-Nachspannwerk sorgt hier für konstante Kraft und damit höchste Präzision.
Doch diese Uhr bietet noch einen weiteren technischen Leckerbissen von A. Lange & Söhne: den Zero-Reset-Mechanismus mit seiner Mehrscheibenkupplung. Mit Hilfe des Zero-Reset lässt sich die Uhr schnell und komfortabel synchronisieren: beim Ziehen der Krone springt der Sekundenzeiger auf die Nullposition.
Das rhodiéfarbene Regulatorzifferblatt mit dem oben angeordneten großen Sekundenkreis lenkt die Aufmerksamkeit auf die kleinste der drei Zeiteinheiten. Darunter befinden sich, nach links und rechts versetzt, die kleineren Stunden- und Minutenkreise. Das schlichte Platingehäuse mit einem Durchmesser von 39,9 Millimetern unterstreicht die funktionale Ästhetik des Zifferblattdesigns.
Zehn Stunden vor Ablauf der Gangreserve erinnert eine rote Anzeige in der dreieckigen Zifferblattaussparung im Schnittbereich von Stunden-und Minutenkreis an das Aufziehen der Uhr.
Das neue Manufakturkaliber L094.1 meistert alle Herausforderungen, die mit der Entwicklung einer springenden Sekunde verbunden sind. Seine technische Besonderheit ist eine raffinierte Anordnung, die Konstantkraftantrieb und Sekundensprung zwar auf zwei Räderzüge verteilt, sie aber trotzdem zusammen wirken lässt. Der erste Räderzug führt vom Federhaus zur Unruh und gibt die Energie über ein Nachspannwerk in Sekundenintervallen gleichmäßig an die Gangpartie weiter. Der durch eine Aussparung in der Räderbrücke sichtbare Mechanismus erfüllt eine Doppelfunktion: er kompensiert sowohl die nachlassende Kraft der Zugfeder als auch etwaige Drehmomentschwankungen beim Sekundensprung. Das Ergebnis ist eine konstante Amplitude über die gesamte Laufzeit von maximal 42 Stunden. In Verbindung mit der Exzenter-Unruh und einer freischwingenden Unruhspirale aus eigener Fertigung sind beste Gangwerte garantiert.
Über den zweiten Räderzug treibt das Federhaus den Sprungmechanismus an. Seine Aufgabe ist es, die Unruhfrequenz von sechs Halbschwingungen pro Sekunde in einen einzigen Schritt des Sekundenzeigers umzusetzen. Diesen Vorgang steuert– wie bereits in der Konstruktion Ferdinand Adolph Langes – ein fünfzackiger Stern, der auf der Ankerradwelle befestigt ist.
Sichtbar unter einem transparenten Saphir gelagert, dreht er sich zusammen mit dem Ankerrad alle fünf Sekunden einmal um die eigene Achse. Jede Sekunde gibt eine Zacke des Sterns die sogenannte Peitsche frei. Dieser lange Hebelarm vollführt nun, angetrieben durch das Federhaus, eine schlagartige Drehung um 360 Grad, bevor er von der nächsten Zacke des Sterns gehemmt wird. Über das mit der Sekundenwelle verbundene Räderwerk bewegt diese Drehung den Sekundenzeiger zum nächsten Sekundenindex weiter. Der Schaltimpuls der springenden Sekunde wird zugleich genutzt, um die Antriebsfeder des Nachspannwerks mit neuer Energie zu versorgen.
Die Richard Lange „Springende Sekunde“ ist, wie weiter oben bereits erwähnt, mit einem Zero-Reset-Mechanismus ausgestattet. Die Kupplung auf der Sekundenwelle besteht aus drei Scheiben und einer speziell von Hand gebogenen Feder.
Die mittlere Kupplungsscheibe ist mit der Sekundenwelle fest verbunden, im geschlossenen Zustand drückt die Feder die obere und untere Kupplungsscheibe fest zusammen. Somit hält die Kupplung den großen Sekundenzeiger, der bei jedem Sprung abrupt beschleunigt und gestoppt wird, im laufenden Betrieb sicher fest. Das Ziehen der Krone löst einen komplexen Hebelmechanismus aus, der die Unruhmittels einer Stoppfeder blockiert und die Kupplung öffnet. Dadurch wird die Sekundenwelle vom Räderzug getrennt und ein reibungsarmes Nullstellen ermöglicht. Hierfür wird der Nullstellhebel gegen das Herz geschwenkt und der Sekundenzeiger schlagartig in die Nullposition gedreht. Beim Drücken der Krone wird die Kupplung geschlossen und die Unruh wieder freigegeben: Das Uhrwerk läuft wieder an.
Die Finissierung des aus 390 Teilen bestehenden Handaufzugswerks entspricht höchsten Standards. Die mit einem Glashütter Bandschliff dekorierten Brückenaus naturbelassenem Neusilber, der handgravierte Unruhkloben, acht verschraubte Goldchatons und die aufwendig mit Schliffen und Polituren vollendeten Oberflächen bilden das handwerkliche Pendant zur technischen Perfektion der auf 100 Exemplare in Platin limitierten Richard Lange „Springende Sekunde“.
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