Rolex Deep Sea Special


Wer sich etwas intensiver mit Rolex beschäftigt, der wird auch die etwas seltsamen Uhren schon einmal gesehen haben die ein überdimensioniertes kuppelartiges Plexiglas tragen, durch das man nicht so ohne weiteres auf das Zifferblatt schauen kann.

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So seltsam diese „Deep Sea Special“ genannten Uhren auch ausschauen so einzigartig und bedeutend sind sie aber in der Geschichte von Rolex.

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Diese experimentellen Uhren zeigen anschaulich, welche Kompetenz die Uhrenmarke Rolex bereits in den 1950er und 1960er Jahren besessen hat und auch bis heute besitzt. Jüngste Beispiele wie die Deep Sea Challenge von James Cameron und die alltagstaugliche (Serien-)Schwester, die Sea Dweller Deep Sea, sind der beste Beweis.

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Und sie zeigen, welchen Anspruch Rolex an sich selber hat. Noch bevor man die erste Rolex Submariner 1953 der Öffentlichkeit präsentiert hat absolvierten die Prototypen dieser Uhren an den Handgelenken von Tauchern und Forschern sowie an der Außenseite von Tauchboten unfangreiche Tests unter sehr realen Bedingungen.

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Der ikonenhafte Status, den Rolex heute auch und vor allem wegen seiner Taucheruhren Submariner und Sea Dweller hat, geht zu einem erheblichen Teil auf experimentelle Uhren wie die Deep Sea Special und die Deep Sea Challenge zurück.

Die Hintergründe zur den Tiefsee-Expeditionen, an denen Rolex teilgenommen hat, habe ich in groben Zügen hier in meinem Blog bereits dargestellt:

Rolex Deep Sea Special & Deep Sea Challenge

Details zur Kooperation von Rolex und Comex, dem bekannten französischen Unterwasser-Spezialisten, können hier nachgelesen werden:

Rolex Comex

Die Rolex Sea Dweller, die als direktes Ergebnis dieser professionellen Kooperation entstanden ist, habe ich in ihrer Historie hier beschrieben:

Rolex Sea Dweller – into the details

Einige weitere Artikel zu den Taucheruhren von Rolex finden sich ebenfalls in diesem Blog.

Doch hier soll es einzig um die Deep Sea Special und ihre Geschichte gehen.

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Jacques Piccard und Lieutenant Don Walsh, das 1952 gebaute Tauchboot Trieste und die Challenger Tiefe, die gleichzeitig zu den tiefsten Stellen in unseren Weltmeeren zählt, sind untrennbar mit der Rolex Deep Sea Special verbunden.

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Rolex hatte am 23. Januar 1960 seine absolute Spitzenstellung bei Taucheruhren bewiesen, in dem man die Deep Sea Special, jene experimentelle mechanische Uhr mit dem massiven Plexiglas, an der Außenseite des Tauchbootes Trieste befestigt hinab in den Mariannengraben schickte.

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Die Uhr überstand den Tauchgang bis auf 10.916 Metern Tiefe unbeschadet.

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Rolex entwickelte also seine Taucheruhren nicht am Uhrmachertisch. Vielmehr tat man sich früh mit Forschern und Institutionen zusammen und testete die eigenen Entwicklungen intensiv und lotete so die Grenzen des Machbaren aus. Im Jahr 1953, dem Einführungsjahr der Submariner, testete Rolex zusammen mit Jaques Piccard eine außergewöhnliche Uhr, die er in die Tiefe mitnahm. In diesem Zusammenhang tauchte der Name „Rolex Deep Sea Special“ erstmals auf.

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Rolex beteiligte sich für solche Tests der eigenen Uhren an Tiefseetauchprojekten wie dem Bathyscape FNRS-2 (FNRS = Fonds National de la Recherche Scientifique; eine 1928 vom belgischen König gegründete wissenschaftliche Stiftung) von Auguste Piccard (dem Vater von Jaques Piccard, s.u.). Das 1948 gebaute erste Tiefsee-Tauchboot der Welt, das sich unter Wasser autonom bewegen konnte und nicht an Halteseilen befestigt war, erreichte stolze 3131,80 Meter. Bei den flacheren Tauchgängen des Bathyscape FNRS-2 bis in 200 oder 300 Metern Tiefe befestigte Rolex seine Vorserien-Uhren der Submariner an der Außenseite des Tauchbootes, um diese dann während der Tauchgänge zu testen. Bei den tieferen Tauchgängen waren es dann die experimentellen Deep Sea Specials.

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Die Rolex Deep Sea Special Uhren, das konnte man bereits an der optischen Erscheinung auf den ersten Blick erkennen, waren eindeutig nicht für das Tragen am Handgelenk gebaut worden. Die stattlichen Maße der Uhr lauten 57mm x 40mm x 39mm. Solche Maße eignen sich eher zum Ausloten, des technisch Möglichen in den tiefsten Tiefen des Meeres.

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Eine weitere Deep Sea Special absolvierte einen ersten Tauchgang mit der Trieste am 30. November 1953 im Tyrrhenischen Meer bei Ponza bis auf 3150 Meter Tiefe. Das war neuer Weltrekord! Die Piloten des Tauchbootes: Auguste Piccard und sein Sohn Jacques. Bei der mitgeführten Deep Sea Special handelte es sich um die Nr. 1, die noch ein vergleichsweise flaches Glas hatte. Diese Uhr war vermutlich schon bei den Tauchgängen der FNRS-2 zum Einsatz gekommen.

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Das Profil dieser extrem wasserfesten Uhr spricht Bände.

Die erste Deep Sea Special (nur drei der von Rolex 1953 ursprünglich gebauten sieben bis neun Gehäuse bestanden alle Tests) hatte, wie oben erwähnt, ein flacheres Glas.

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1958 wurde die Trieste dann von der U.S. Navy gekauft, die ein Tauchboot u.a. für die Suche nach havarierten U-Booten suchte. Jaques Piccard blieb auch bei der Navy Teil der Besatzung. Ihm zur Seite stand bald Don Walsh, ein Offizier der U.S. Navy.

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Im Vergleich zu den ersten Deep Sea Specials zeigen die späteren Versionen massivere sprich höhere und noch kuppelartigere Plexigläser. Walsh und Piccard nutzen für ihre Tauchfahrten das Tauchboot „Trieste“; wie auch die Deep Sea Special war auch dieses Tauchboot ein technisches Meisterwerk der damaligen Zeit. Die kleine Bathysphäre, also die Druckkörperkugel unten an dem Boot, in der sich die Besatzung aufhielt, wurde von Krupp-Maschinenbau in Essen hergestellt. Sie war bis >11.000 Meter druckfest.

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Wer sich dafür interessiert der sollte dem Deutschen Museum in München einen Besuch abstatten. Dort steht die zweite, identische Bathysphäre von Krupp, die zu Anschauungszwecken aufgeschnitten wurde und mit originalen Geraten und Instrumenten ausgestattet worden ist.

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Die Uhren waren außen an der Tauchkapsel angebracht und überstanden die Tauchgänge unbeschadet. Im Januar 1960, weit vor der Mondlandung, drangen Walsh und Piccard nun also in eine größten Meerestiefen vor, die es auf unserem Planeten gibt. Es war die Challenger Tiefe im Mariannengraben und 10.916 beeindruckende Meter Meerestiefe standen am Ende des Tauchganges auf dem Tiefenmesser! Lediglich die ebenfalls im Mariannengraben liegende Witjas-Tiefe soll mit 11.022 Metern noch etwas tiefer sein.

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Das Bild oben zeigt den Tauchgang der Trieste im Vergleich zum Tauchgang der Deepsea Challenger

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Die Trieste blieb bis 1963 im Dienst der U.S. Navy und wurde dann außer Dienst gestellt. Heute ist sie im U.S. Navy Museum in Washington DC zu sehen. Im Jahr 1963 wurde die Trieste bei der Suche nach der havarierten USS Thresher SSN-593 eingesetzt. Das atomar betriebene, manövrierunfähige U-Boot lag auf – 2,350 Metern Tiefe mit 129 Mann Besatzung an Bord.

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Die Deep Sea Specials gab es, wie bereits erwähnt, in verschiedenen Ausführungen. Augenscheinlichster Unterschied ist das Material des Bandes und die Farbe der Zifferblätter.

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Es gab Bänder komplett aus Edelstahl und es gab Stahl/Gold-Modelle. Bei den Blättern gab es helle und dunkle Blätter.

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Alle Deep Sea Special waren fortlaufend nummeriert. Die jeweilige Nummer der Uhr fand sich auf dem Gehäuseboden.

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Die relevanteste Unterscheidung dürfte aber diejenige sein, welche die Uhren in tatsächlich für die Tauchgänge gebaute und verwendete Uhren und in die sog. Display-Modelle teilt.

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Die beim eigentlichen Rekordtauchgang verwendete Deep Sea Special war die Nr. 3 mit einem weißen Zifferblatt und in Bicolor (s.u.).

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Für die Tauchgänge wurden etwa sieben (manche Quellen sprechen von neun) Deep Sea Special zwischen 1953 und 1960 gebaut. Bei diesen Uhren kann man technische Veränderungen, wie die im Laufe der Zeit massiveren Gläser oder auch einen Messingring zur Abdichtung der Krone erkennen.

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Die sehr selten gezeigten Uhren aus den Taucheinsätzen zeigen deutliche Spuren des gewaltigen Druckes in der Tiefe wie kleine, oberflächliche Haarrisse des Plexiglases.

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Nach 1960 baute Rolex dann die Display-Modelle, die bei den Rolex-Händlern und auf Ausstellungen gezeigt worden sind.

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Diese Display-Modelle sahen zwar den „Originalen“ sehr ähnlich, hatten aber andere Uhrwerke wie das Kal. 1570 (die Originale hatten das Rolex Kaliber 1000) und / oder andere Blätter wie im folgenden Bild.

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Es handelt sich um ein sog Underline-Blatt. Underline-Blätter gab es erst ab ca. 1963/1964, also Jahre nach dem Rekordtauchgang von 1960. Auch Tritium-Blätter, die es erst ab 1965 gab, finden sich in einigen Display-Modellen.

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Ein Exemplar der Deep Sea Special befindet sich im Smithsonian Museum in Washington DC. Es handelt sich um die oben gezeigte Uhr mit hellem Blatt und es ist die Uhr, die den Rekordtauchgang in den Mariannengraben mitgemacht und überstanden hat. Es handelt sich um die Nr. 3

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Früher ging man davon aus, dass etwa 35 Display-Modelle gefertigt worden waren. Es existiert aber z.B. ein Display-Modell, welches die Nr. 72 trägt. Setzt man eine fortlaufende und durchgehende Nummerierung voraus, dann gab es wesentlich mehr Display-Modelle.

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Ganz selten findet sich eines der Display-Modelle auf einer Versteigerung, z.B. die Nr. 35:

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Die Nr. 1 wurde bei Christie´s in 2005 für 322.400 Schweizer Franken versteigert. In dieser Uhr findet sich das Rolex Kaliber 1000 mit der Werknummer 419.251

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Aber Rolex wäre nicht Rolex, wenn die Geschichte hier zu Ende wäre.

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Hier die technischen Daten der Deep Sea Special, der Deep Sea Challenge und der Deep Sea (Serienuhr).

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Man beachte bei den technischen Daten der Rolex Deep Sea Special, dass Rolex höchst selbst hier das Kaliber 1570 als Uhrwerk dieser Uhren angibt. Die tatsächlich für die Rekordtauchgänge verwendeten Uhren hatten aber das Kaliber 1000 (s. weiter oben).

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Mehr zu James Camerons Deep Sea Challenge des Jahres 2012 habe ich bereits hier veröffentlicht:

Rolex Deep Sea Special & Deep Sea Challenge

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