Es mutet auf den ersten Blick sicher etwas unwirklich an, aber es gibt tatsächlich kratzfestes Gold. Es heißt “Magic Gold” und ist eine Schöpfung aus dem Hause Hublot, einer Uhrenmarke die u.a. für ihre herausragende Kompetenz im Bereich neuartiger Materialien bekannt ist.
In diesem Artikel möchte ich die spannende Geschichte dieses sonderbaren und außergewöhnlichen Materials beschreiben. Die hier dargestellten Inhalte habe ich in Gesprächen mit Jean-Claude Biver und Mathias Buttet zusammen getragen. Ich möchte beiden Herren für die geduldigen Erläuterungen danken, denn von wem könnte man die Geheimnisse dieses Materials adäquater vermittelt bekommen als von den Menschen, die es entwickelt haben bzw. die dessen Entwicklung angeregt haben?
Jeder weiß, dass reines Gold ist ein sehr weiches Material ist. Das trifft auch für die Legierungen wie Weiß-, Rosé- und Rotgold zu. Die Härte von Materialien wird in der Einheit Vickers (HV) gemessen. Reines Feingold hat eine Härte von 26 Vickers und ist damit weicher als Gips (36 HV). Man kann reines Gold mit dem Fingernagel einritzen. 18 karätiges legiertes Gold zeigt immerhin schon eine Härte von etwa 140 Vickers. Zum Vergleich dazu besitzt der im Uhrenbau für Gehäuse gängige Edelstahl 316L eine Härte von etwa 240 Vickers.
Gegenstände aus Gold neigen daher dazu leicht zu zerkratzen. Die Besitzer von Armbanduhren mit Goldgehäusen wissen das aus eigener Erfahrung leidlich zu bestätigen.
Diamant ist mit etwa 10.000 Vickers das härteste bekannte natürliche Material. Korund, ein Werkstoff der z.B. in speziellen Bohrern zu finden ist, weist eine Härte von ca. 1.500 Vickers auf.
Hublots Magic Gold bringt es auf beeindruckende 1000 Vickers. Wir sprechen über eine zertifizierte und punzierte 750er Goldlegierung!
Die Punze des Berhardinerkopfes , die seit dem 1. August 1995 zur Kennzeichnung von Goldlegierungen aller Feingehalte in der Schweiz eingeführt worden ist, belegt, dass es sich tatsächlich um eine Goldlegierung handelt. Das “G” in der Punze steht für das eidgenössische Kontrollamt in Genf.
Wie kam es also nun zur Entwicklung dieser weltweit ersten kratzfesten Goldlegierung?
Zwei Menschen spielen in dieser Geschichte eine besondere Rolle. Jean-Claude Biver, Mastermind und Ideengeber bei Hublot und Mathias Buttet, der geniale Ingenieur, der nicht nur komplexeste Uhrwerke konstruieren kann sondern auch in der Werkstoffforschung eine feste Größe ist.
Mit beiden könnte man sich wochenlang unterhalten und die interessanten Geschichten würde wahrscheinlich nicht ausgehen. Mathias Buttet z.B. baut derzeit an Tauchdrohnen, die für die Unterwasser-Archäologie genutzt werden sollen und die bei der Erforschung der Antikythera-Wracks helfen sollen.
Eingeweihte Leser wissen, dass Hublot auch bei der Entschlüsselung des berühmten Antikythera-Mechanismus aktiv beteiligt war und noch immer ist. Siehe auch hier in diesem Blog:
Und eben für diesen Zweck baut man in der Uhrenmarke Hublot auch an Tauchdrohnen und an der Technologie, um diese auch einzusetzen. Aber mit dieser Geschichte werde ich noch weitere, separate Artikel füllen. Daher zurück zum Magic Gold.
Jean-Claude Biver ist ständig auf der Suche. Auf der Suche nach Innovationen, nach technisch und technologisch neuen Lösungen. Und so träumte er schon lange von kratzfestem Gold und dies aus rein praktischen Erwägungen. Wir toll wäre es, wenn die von ihm so geliebten Golduhren nicht mehr so leicht zerkratzen?!
Und so fragte Jean-Claude Biver Werkstoffkundler von verschiedenen Schweizer Universitäten. Doch alle schüttelten bei der Frage nach kratzfestem Gold nur mit dem Kopf. Mit Mathias Buttet zusammen kontaktierte er weitere Wissenschaftler und einer, Andreas Mortensen von der EPFL in Lausanne (im Bild unten ganz links), sagte tatsächlich, dass man es versuchen könnte.
Doch es dauerte noch einige Jahre, bis das oben gezeigte Ergebnis tatsächlich der Öffentlichkeit präsentiert werden konnte.
Nach einigen Tagen der Bedenkzeit sagte Prof. Mortensen dass er nicht garantieren könne, dass am Ende der Bemühungen tatsächlich kratzfestes Gold vorliegen wird. Er sagte aber, dass man irgend etwas finden würde, was sich dann auch im Uhrenbau verwenden ließe.
Die Entscheidung war dennoch keine leichte, denn ca. 5kg reines Gold und einige Millionen Schweizer Franken sollte diese Grundlagenforschung kosten. Jean-Claude Biver ging diese Entscheidung mutig an und wurde schlussendlich belohnt.
Nachdem man im Laufe der Forschungen z.B. die erste wirklich rote Keramik quasi als Nebenprodukt entwickelt hatte (mittlerweile kann man bei Hublot Keramik in allen RAL-Farben herstellen und sogar mehrere Farben in einem Werkstück trennscharf kombinieren) konnte man nach einigen Jahren tatsächlich kratzfestes Gold präsentieren.
Ein weiterer wichtiger Kopf in der Entwicklung von Magic Gold ist Senad Hasanovic. Er arbeitete im Team von Prof. Mortensen an der EPFL und ist mittlerweile ein fester Mitarbeiter in Mathias Buttets R&D Abteilung.
Eines vorne weg: manch einer stört sich an der Farbe des Magic Gold, die etwas ins Grünliche geht. Diese Farbe wurde von Jean-Claude Biver aber bewusst gewählt denn er wollte, dass man Magic Gold auf den ersten Blick auch als solches erkennt. Und das ging nur, indem man diesem Gold eine eigene unverkennbare Farbe gegeben hat.
Doch wie genau entsteht Magic Gold?
Drei Materialien spielen dabei die Hauptrolle.
Das erste Material ist Borkarbid, ein schwarzes Keramikmaterial in Pulverform.
Das Borkarbid wird unter einem Druck von 2.1 Tonnen/ Quadratzentimeter in Zylinderform gepresst und dann bei 2.200 Grad Celsius gebacken. Dabei muss man sich die Struktur dieses Zylinders wie einen Schwamm vorstellen. Die Hohlräume sind allerdings absolut gleichmäßig verteilt.
Dann wird reines Gold mit Platin legiert und bei 1.100 Grad Celsius geschmolzen.
Der Borkarbid-Zylinder kommt nun in die oben gezeigte Apparatur, in der auch bereits die geschmolzene Gold-Platin-Legierung vorgehalten wird.
Die flüssige Legierung wird in einer Schutzatmosphäre in den Borkarbid-Zylinder gefüllt und bei 1.400 Grad Celsius und einem Druck von über 2 Tonnen pro Quadratzentimeter in die Poren des Borcarbids gepresst. Durch die absolut gleichmässig verteilten Poren verteilt sich auch das Gold absolut gleichmäßig in dem Werkstück.
Das Ergebnis ist so ein Zylinder, der ein beachtliches Gewicht und eine immense Härte aufweist.
Das obere Bild zeigt rechts den reinen Borcarbid-Zylinder und links den fertigen Magic Gold-Zylinder.
Doch Hublot war noch längst nicht am Ziel. Man hatte zwar diesen Zylinder aus kratzfestem Gold, aber es existierten keine Methoden, diesen zu bearbeiten. Normale Verfahren konnten nicht angewendet werden, weil einerseits Gold beim Schneiden zum Schmieren neigt und das Material trotzdem auch zu hart war.
Also entwickelte man bei Hublot in der Metallurgie nicht nur das Material, sondern auch neue Bearbeitungsmethoden. Eine davon ist die Ultraschallbehandlung des Materials bei 50.000 Hertz, denn mit normalen Politurmethoden bekäme man keine glatte Oberfläche hin.
Spiegelglatt ist die Oberfläche des Magic Gold, allerdings nicht wirklich plan. Kaum sichtbar schaut das Material aus als würde es fließen. Das verleiht dem Material live und in Farbe betrachtet zusammen mit der mikroskopisch pigmentierten Struktur eine absolut interessante, ja faszinierende Optik. Man kann das gar nicht beschreiben, man muss es gesehen haben.
Die Zylinder haben auch wegen der aufwändigen Bearbeitung schon im Rohzustand annähernd die Dimensionen der fertigen Teile.
Das Magic Gold tatsächlich kratzfest ist kann jeder Besucher von Hublot selber ausprobieren. Mit einem Hartmetallbohrer kann man nach Herzenslust auf einer Magic Gold Platte herumkratzen. Die winzigen schwarzen Striche die zurückbleiben sind Abrieb vom Bohrer und können leicht abgewischt werden.
Auch die offizielle Schweizer Prüfstelle für Edelmetalle wurde vom Magic Gold auf die Probe gestellt. Nach umfangreichen Tests bestätigte man offiziell, dass das Magic Gold eine 18k Goldlegierung ist. Nur hatte man keine Geräte, mit denen man dieses Material dann auch punzieren konnte. Es war schlicht zu hart.
Und so beschaffte Hublot ein Gerät, mit dem die Punze in das Magic Gold hinein gelasert werden kann.
Bei Hublot schafft man aus den genannten Gründen gerade einmal ein bis zwei Magic Gold-Gehäuse pro Tag.
Das erklärt auch, warum die Magic Gold Modelle von Hublot in vergleichsweise geringen Stückzahlen aufgelegt werden und die Käufer solcher Uhren durchaus auf das gute Stück warten müssen.
Der erste Konzeptentwurf für eine Magic Gold Hublot war etwa 2010 eine Big Bang. Doch diese Uhr ging nie in Serienproduktion.
In 2012 kam dann die erste Serienuhr in Magic Gold, die auf 50 Exemplare aufgelegte Big Bang Ferrari China LE anlässlich des Formel 1 Grand Prix in diesem Land auf den Markt.
Ebenfalls in 2012 kam dann noch eine auf 500 Exemplare limitierte Ferrari Edition, die im Gegensatz zur China-Edition über eine Magic Gold Lünette verfügte und somit die erste Full Magic Gold Hublot war.
Die erste Komplikation in Magic Gold wurde in 2013 präsentiert, und was für eine!
(Quelle der letzten beiden Bilder: Walser)
Das Big Bang Cathedral Minutenrepetition Tourbillon vereint einen Minutenrepetitionsmechanismus und ein Tourbillon im kratzfesten Goldgehäuse.
In 2014 kam dann eine Komplikation im Magic Gold Gehäuse: das auf 50 Uhren limitierte Big Bang 5 Days Tourbillon.
Und auch in 2015 kamen die Magic Gold Fans auf ihre Kosten. Die Big bang Perpetual kam ebenso in Magic Gold wie auch die Big Bang Alarm Repeater.
Auf der Baselworld 2016 konnten die Hublotista dann die Unico Big Bang in der Version “Full Magic Gold” bewundern. Dieses auf 250 Uhren limitierte Modell ist mittlerweile schon zu einem Klassiker geworden.
Wer es etwas schlichter mag der konnte im selben Jahr die Big Bang mit dem Unico-Manufakturkaliber auch im schwarzen Keramikgehäuse mit Magic Gold-Lünette wählen.
Die GenevaDays 2017 nutzet Hublot, um auch die Freunde der einzigen nicht runden Hublot, der Spirit of Big Bang, in den Genuss des kratzfesten Goldes zu bringen.
Mein persönlicher Favorit, den ich seit Monaten kaum mehr ablege ist die Meca 10 Magic Gold.
Diese Uhr ist für mich Hublot. Das tolle und außergewöhnliche Manufakturwerk in einem Gehäuse aus Magic Gold. Diese Uhr ist 100% Hublot und steht für die innovative Marke aus Nyon wie keine andere.
Ich bin schon sehr gespannt, welche Materialien Hublot in den kommenden Jahren präsentiert, denn im R&D Departement von Hublot stehen die Räder niemals still.
Und eines ist auch sicher: das ich über die Neuheiten aus Nyon berichten werde!
Technische Meisterleistungen in der Tat. Aber für unsere Vorstellung und Geschmack sind keine dieser Modelle “schöne Uhren”. Alleine das Armband aus Kunststoff ist schon “unmöglich”. Zeitablesen muss sicher, schnell und praktisch sein.
Schöne, ästhetische Uhren finden wir z.B. bei Glashütte und Piaget…Bewunderung der Leistung ja, besitzen nein.
Aber Danke für den wirklich interessanten Artikel!
Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters. Ich finde z.B. mittlerweile viele GO-Modelle nicht mehr schön.
Aber das ist eine höchst individuelle Sache. Wenn man die Hublot Big Bang Modelle am Arm hat dann funktioniert
das Zeit ablesen im übrigen sehr gut.
Hublot ist für mich die derzeit innovativste und eine der kompetentesten Uhrenmarken weltweit, weil dort
wirklich Neues und Einzigartiges geschaffen wird. nicht nur mit Blick auf Materialien, sondern auch was die
Kaliber anbelangt. Hublot ist eine sehr mutige Marke, für die Macher wie für die Träger. Hublot polarisiert
und die Philosophie der Marke möchte erforscht und verstanden werden. Doch wenn einem das gelingt dann
folgt die Begeisterung auf dem Fuße! Schauen Sie sich bloß mal an, was man bei Hublot seit 2006 alles geschaffen
hat…! Beste Grüße!
Wie Sie schreiben, es ist Geschmacksache, Bin konservativ in diesen Dingen. Kann mir aber auch nicht mehr als eine gute Uhr leisten! 🙁 Meine ist einen Ulysse Nardin GMT, seit 15 Jahren.
HG
Danke für den Bericht!
Ja, sehr innovativ – von der Optik her gewöhnungsbedürftig, zugegeben.
Aber man hat erreicht, im Alltagsgebrauch kratzfestes Gold herzustellen!
Und mal ganz ehrlich: das knallige Gelbgold oder das z.T. ins orange gehende Rotgold ist auch nicht mein Ding. Da gefällt mir das Magic Gold mehr, da es eigentlich gar nicht wie Gold (im gewohnten Sinne) aussieht und schon wieder ein Ausdruck von Understatement ist.
Nur meine persönliche Meinung!
Schönen Abend noch – Upps, schon nach Mitternacht 😉
Grüsse aus München von Udo
So sehe ich das auch! Zuml man die Farbe des Goldes ganz bewusst gewählt hat. Schließlich sollte man es ja als Magic Gold erkennen.
Beste Grüße!
Sascha