Das Streben nach maximaler Präzision ist eine enorm starke Kraft. Sie treibt die Entwicklung mechanischer Uhren seit jeher an und beflügelt die Ideen der Konstrukteure und Uhrmacher. Das Streben nach Präzision brachte so faszinierende Mechanismen wie das Tourbillon oder aber die konstante Kraftübertragung per Kette und Schnecke hervor.
Und es war auch der Antrieb für die Entwicklung des „Gravity Control“-Moduls von Zenith. Fünf Jahre intensiver Forschungsarbeit investierte Zenith in diese patentierte Komplikation, die mit der Academy Christophe Colomb Equation of Time 2011 den „Grand Prix d’Horlogerie de Genève“ in der Kategorie „Große Komplikationen“ und damit den begehrtesten Uhrenpreis der Welt errang.
Das Gravity Control“-Modul darf sich also zu recht eine der bedeutendsten uhrentechnischen Erfindungen des 21. Jahrhunderts nennen.
Die Zeitmesser der Linie Academy Christophe Colomb zeichnen sich ebenfalls durch das mikromechanische Wunderwerk des „Gravity Control“-Moduls aus.
Seit Jahrhunderten ist bekannt, dass sich Schwerkrafteinflüsse störend auf den präzisen Gang einer Uhr auswirken. Viele Versuche wurden unternommen, diese störenden Einflüsse zu eliminieren. Das Tourbillon ist sicher der bekannteste Ansatz. Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Idealposition der Hemmung einer Uhr für maximale Präzision in der Horizontalen liegt entwickelte Zenith ein vollständig gyroskopisch gelagertes Modul. Es hält die Hemmung, unabhängig von der Lage der Uhr, konstant in der Horizontalen. Da sich die Einflüsse der Schwerkraft auf die Unruh in dieser Position nur minimal auswirken garantiert das „Gravity Control“-Modul höchste Ganggenauigkeit.
Anleihen nimmt diese moderne Konstruktion an historischen Marinechronometern der Manufaktur, die über eine kardanische Aufhängung des gesamten Zeitmessers die Schiffsbewegungen auf See ausgleicht und so die Uhr samt Hemmung konstant in der Horizontalen hält.
Dem Streben nach maximaler Präzision folgend nutzte man später aus Platzgründen das Tourbillon. Dieser, nur wenige Millimeter hohe Mechanismus kompensiert die Bewegungen der Uhr beim Tragen in der vertikalen Achse. Bei Taschenuhren, die normalerweise in einer Westen- oder Hosentasche in einer Aufrechten (Krone oben) Position getragen werden, funktioniert ein Tourbillon tadellos. Eine Armbanduhr hingegen erlebt am Handgelenk des Trägers wesentlich komplexere Lageänderungen. Dies führte zur Entwicklung von mehrachsigen Toubillons, die allerdings auch nur eine begrenzte Anzahl von Schwerpunktfehlern kompensieren.
Die optimale Präzision einer Armbanduhr lässt sich also nur mit einem System erzielen, das die Möglichkeiten des mehrachsigen Tourbillons überschreitet, indem es Hemmung und Unruh konstant in der Waagerechten hält. Genau dies ist Zenith mit dem gyroskopischen „Gravity Control“-Modul gelungen. Eine weltweit einzigartige Entwicklung, deren Komplexität die Manufaktur noch zusätzlich erhöhte, indem sie die Academy Christophe Colomb-Kaliber mit der El Primero-typischen hohen Frequenz von 36.000 Halbschwingungen pro Stunde schlagen lässt.
Dabei korrigiert das „Gravity Control“-Modul nicht etwa die durch die Schwerkraft verursachten Lagefehler im Gang einer Uhr, wie dies ein Tourbillon tut. Dieses Modul vermeidet diese Lagefehler von vorne herein.
Das „Gravity Control“-Modul nutzt also die kardanische Aufhängung der gesamten Hemmung. Ein Gewicht in Form einer Halbkugel unserer Erde sorgt für den richtigen Schwerpunkt des Moduls.
Das klingt relativ einfach. Erstmals beschrieben wurde diese Art der Aufhängung vom italienischen Mathematiker und Arzt Hieronymus Cardanus Mitte des 16. Jahrhunderts.
Die kardanische Aufhängung basiert auf mehreren konzentrischen Ringen, die unterschiedliche Durchmesser haben und beweglich miteinander verbunden sind.
Früh wurde der Vorteil dieser Aufhängung in der Seefahrt erkannt. Bald nach der Erfindung der kardanischen Aufhängung war der Kompass eines jeden Schiffes in dieser Art beweglich montiert. So glich diese Art der Aufhängung Schiffsbewegungen in Folge von Seegang oder auch die Schräglage bei Segelschiffen aus und hielt den Kompass stets waagerecht. Das Prinzip war also die Grundidee für das „Gravity Control“-Modul von Zenith. Allerdings war die Umsetzung gar nicht so einfach.
In den fünf Jahren der Entwicklung des gyroskopischen Moduls mussten u.a. 60 neue Spezialwerkzeuge entwickelt werden, mit denen dann die allesamt winzigen Einzelteile, 166 davon finden sich alleine in der Kugel, gefertigt werden konnten.
Das „Gravity Control“-Modul ist technische Meisterleistung, die nur von einer echten integrierten Manufaktur vollbracht werden konnte. Und genau das ist Zenith seit seiner Gründung durch Georges Favre-Jacot. Nur das perfekte Zusammenspiel aller Berufe und Abteilungen – von der Entwicklung über die Materialforschung und den Bau von Prototypen bis zu den Werkstätten für Haute Horlogerie, Einschalung und Dekorationen – machte die Entwicklung und Fertigung eines solchen komplexen Mechanismus möglich.
Die größte Herausforderung bei einer derart beweglichen zweiachsigen Aufhängung wie der des „Gravity Control“-Moduls ist der konstante Energiefluss vom Federhaus zur Hemmung. Und das auch, während das „Gravity Control“-Modul die Bewegungen des Handgelenkes ausgleicht. Der Energiefluss darf zu keinem Zeitpunkt stoppen. Gleichzeitig darf dieser Energiefluss die freie Beweglichkeit des Moduls in alle Richtungen nicht beeinflussen und der Antrieb des Sekundenrades darf nie unterbrochen sein.
Zenith bewerkstelligte das durch je drei in einander greifende Zahnräder, die mit den beiden konzentrischen Ringen verbunden sind und die einen Winkel von 90 Grad abdecken.
Wie wird aber nun die Bewegung der kardanisch aufgehängten Hemmung kompensiert? Stünden die Zahnräder von Basiswerk bis hin zum Anker und Ankerrad in einer ständigen Verbindung, so würde sich entweder die Bewegung des Moduls auf die Kraftübertragung auswirken oder aber die freie Beweglichkeit nicht gegeben sein.
Die Lösung ist genial: ein winziges Planetengetriebe i.S.e. Differentials (im Bild oben grün umrandet), dass innen am Ring der kardanischen Aufhängung positioniert ist, gleicht die Bewegungen des Moduls vollständig und in Echtzeit aus. Die roten Pfeile sollen den Kraftfluss vom Basiswerk hin zur Hemmung darstellen. Vom Basiswerk wird die Energie über die drei Zahnräder innen am Ring hin zum Planetengetriebe übertragen. Das Planetengetriebe gleicht die Bewegungen des kardanisch gelagerten Moduls aus und gibt die Energie ohne Unterbrechung an die Hemmung weiter. Das Ankerrad der Hemmung treibt dann das Sekundenrad an. Dieses ist über das Planetengetriebe mit den an der Außenseite des Rings angebrachten drei Zahnrädern verbunden. Diese äußeren drei Zahnräder überspannen, wie auch die drei Zahnräder innen, exakt 90 Grad, so dass die Energie an der Hemmung ununterbrochen ankommt und auch das Räderwerk der Uhr, in umgekehrter Richtung (blaue Pfeile im Bild oben) konstant angetrieben wird. Gut erkennbar im Bild ist das bläulich schimmernde Silizium-Ankerrad.
Der Antrieb des Räderwerks geschieht also exakt in umgekehrter Richtung auf die gleiche Art und Weise. Wenn man bedenkt, dass all dies in einem kugelförmigen Mechanismus mit 166 Einzelteilen untergebracht ist, der nicht größer als eine kleine Kirsche ist….!
Zenith hat ein solches „Gravity Control“-Modul auch bereits mit einem Tourbillon im Zenith Defy Zero-G Tourbillon kombiniert.
Aus den weiter oben genannten Gründen ist das sicher ein weiteres technisches Schmakerl, allerdings für die Steigerung der Präzision der Uhr von nachrangiger Bedeutung.
Die Uhren der Christophe Colomb Hurricane-Linie wurde aber mit weiteren technischen Spezialitäten zur Steigerung der Präzision ausgestattet.
Neben der Lage der Hemmungsbaugruppe spielt vor allem der Energieübertragung zwischen dem Federhaus und der Hemmung eine wichtige Rolle. Sprich: umso konstanter der Energiefluss über die Zeit desto präziser und stabiler ist der Gang der Uhr. Die Feder in einem Federhaus liefert (laienhaft ausgedrückt) aber nicht immer die gleiche Energiemenge. Ist die Feder voll gespannt, dass ist die Energie (genauer: das Drehmoment) maximal. Entspannt sich die Feder, dann nimmt dieses Drehmoment konstant ab bis die Uhr bei entspannter Feder stehen bleibt.
Das oben gezeigte Diagramm zeigt den Verlauf des Drehmoments über die Gangreserve der Uhr (rote Kurve). Ideal wäre der lineare grüne Verlauf. Dieser ist aber mit einer direkten Kraftübertragung vom Federhaus zur Hemmung über Zahnräder nicht realisierbar.
Etwa 1485 hatte der geniale Leonardo DaVinci bereits die Lösung für das Problem, wie seine Zeichnung anschaulich zeigt. (Fairerweise muss man sagen, dass er nicht der erste und auch nicht der einzige Mensch war, der auf eine solche Idee gekommen ist, aber er ist der weitem bekannteste…).
Die Lösung des Problems der konstanten Kraftübertragung ist ebenso simpel wie genial: Federhaus und Hemmung sind nicht direkt mit einander verbunden sondern über eine Kette (2), die vom Federhaus (1) zu einer sog. Schnecke läuft. Man macht sich schlicht die Hebelgesetze zu nutze.
Ist die Uhr voll aufgezogen dann ist die Kette vollständig um die Schnecke gewickelt (hier im Bild am Beispiel eine Zenith Academy Georges Favre-Jacot). Dabei liegt die Kette an der kleinsten Windung der Schnecke an. Sie greift also mit einem kleinen Hebel an. Dieser kleine Hebel kompensierte das starke Drehmoment der Feder bei Vollaufzug. Entspannt sich nun die Feder so wickelt sich die Kette mehr und mehr von der Schnecke ab und um das Federhaus herum. Mit nachlassendem Drehmoment der Feder wird der Hebel, mit dem die Kette an der Schnecke angreift über die größer werdenden Windungen ebenfalls immer größer. Im Idealfall sind die Windungen der Schnecke so berechnet, dass der Hebel stets zum Drehmoment der Feder passt und darüber ein konstantes Drehmoment garantiert wird egal wie gespannt oder entspannt die Feder ist. Das nennt sich „constant force“ und macht Uhren präzise.
Ist die Feder vollkommen entspannt, so hat sich die Kette vollständig von der Schnecke abgewickelt und um das Federhaus herumgewickelt.
Solche „constant force“ Mechanismen wurden zunächst in Uhren verwendet, die enorm präzise sein mussten: in den Marine-Chronometern, die an Bord eines Schiffes weit vor den Zeiten des GPS die Navigation auf den Weltmeeren ermöglichten.
Zenith ist eine der wenigen Uhrenmarken, weltweit sind es eine Hand voll, die eine Miniaturisierung des Kette & Schnecke-Mechanismus realisieren kann. Und so findet sich in den Uhren der Christophe Colomb Hurricane-Linie neben dem „Gravity Control“-Modul zur Steigerung der Präzision auch die konstante Kraftübertragung per Kette und Schnecke.
Der dritte Aspekt, der die Präzision einer Uhr konstant beeinflusst ist die Frequenz mit der die Unruh schwingt. Je höher die Frequenz, je unempfindlicher reagiert die Unruh gegen störende Krafteinflüsse wie Schläge und Erschütterungen, die beim Tragen einer Uhr unvermeidlich sind. Beim legendären El Primero von Zenith schwingt die Unruh mit schnellen 5 Hertz, was 36.600 Halbschwingungen/Stunde entspricht.
Und so schafft Zenith es auch in heutiger Zeit, die Präzision der Uhren über die drei Mechanismen „Gravity Control“-Modul (zur Eliminierung der Schwerkrafteinflüsse), Kette & Schnecke (für eine konstante Kraftübertragung) und über die hohe Frequenz der Unruh (Unempfindlichkeit gegen Schläge und Erschütterungen) maximal zu steigern.
Braucht man denn heute überhaupt noch hochpräzise mechanische Uhren? In einer Zeit, in der jedes Smartphone die Zeit präziser anzeigen kann? Jeder Besitzer eines solchen Mikromechanischen Meisterwerks wie einer Zenith Christophe Colomb Hurricane wird über diese Frage ein Lächeln nicht verbergen können. Und er weiß auch ganz genau warum…!
Luxus ist genau das, was man eigentlich nicht braucht und über das man sich dennoch am meisten freut.
Solche Uhren sind für und Uhrenliebhaber sicher das sprichwörtliche Salz in der Suppe.
Storyy end arth