Zenith El Primero


El Primero. Das ist in der Uhrenwelt ein feststehender Begriff. Uhrenliebhaber weltweit assoziieren mit diesem Begriff sofort „Chronograph“ und „Zenith“.

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Und das seit nunmehr fast 50 Jahren. Um die durchaus wechselhafte und mit dramatischen Momenten gespickte Geschichte es El Primero soll es in diesem Artikel gehen.

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Die ersten Ideen für das Kaliber El Primero wurden bei Zenith bereits 1962 zu Papier gebracht. Man wollte, typisch Zenith, eine ganz besondere Uhr entwerfen, die nicht nur optisch besticht sondern vor allem auch technisch. 1965 sollte diese besondere Uhr zum 100. Jubiläum der Manufaktur erscheinen.

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So einfach die Zielsetzung, so schwierig war jedoch ihre Verwirklichung.

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Wir sprechen über eine höchst bewegte Zeit. Die erste Mondlandung, nur 66 Jahre nach den erstem bemannten Motorflügen. Der erste Flug einer Boeing 747, die bis heute fliegt. Der erste Mensch, der mit einem künstlichem Herzen 3 Tage lang überleb.

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Es war also die Zeit der rasanten technischen und wissenschaftlichen Entwicklungen. Und es war eine Zeit, in der Motorsport viele Menschen an die Rennstrecken brachte. Und damals erfolgte die Zeitmessung noch analog. Klar, dass Chronographen in diesem Zeitalter zu den angesagtesten Uhren gehörten.

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Zum anderen war es die Zeit des Wettbewerbs unter den Uhrenmarken. Die „großen 3“ Chronographen-Hersteller waren Omega mit der Speedmaster („Die erste Uhr auf dem Mon“), Heuer (die im Automobilsport sehr aktiv waren) und  Breitling (die sich in der Luftfahrt engagierten und das bis heute tun).

Einen integrierten Automatik-Chronographen mit Säulenrad gab es damals, Anfang der 1960er Jahre noch nicht. Heuer, Buren-Hamilton, Breitling und Dubois-Depraz als Forschungsverbund auf der einen, Seiko in Japan auf der anderen Seite und Zenith in Le Locle irgendwo alleine dazwischen, alle arbeiteten mit Hochdruck und in Konkurrenz zueinander am ersten Automatik-Chronographenkaliber der Welt.

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Und noch heute streiten manche Gelehrte und Fachleute, wer diesen Wettlauf schlussendlich gewonnen hat.

Zenith wollte zudem ein Kaliber mit einer bis dahin unerhört hoher Schwingungszahl konstruieren und so den präzisesten Chronographen der Welt bauen. Die Messung von Zehntelsekunden war das Ziel. Und ein stabilerer Gang der Uhr, denn umso schneller einer Unruh schwingt, umso weniger kann sie von außen beeinflusst werden. Allerdings steigt der Energiebedarf eines Kalibers rasant an, umso schneller die Unruh schwingt. Das ergab eine weitere der vielen Herausforderungen. Die Lösung all dieser Aufgaben dauerte am Ende sieben Jahre, das neue Uhrwerk erschien also erst vier Jahre nach dem Firmenjubiläum.

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Am 10. Januar 1969 präsentierte Zenith das zusammen mit Movado entwickelte erste automatische Armbandchronographen-Kaliber. Es trug die Bezeichnung 3019 PHC bzw. PHF und den treffenden Namen „El Primero“. Damit, und das ist ein Fakt, war Zenith die erste Marke, die ein solches Kaliber der Öffentlichkeit präsentiert hat. Folgerichtig nannte man ihn „den Ersten“ = „El Primero“.

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Es war ein außergewöhnlich leistungsfähiger Chronograph, der die moderne Uhrengeschichte nachhaltig und bis heute prägen sollte und sogleich in zwei Varianten erschien: mit Datum unter dem Codenamen „3019 PHC“, mit Mondphase und Vollkalender als „3019 PHF“.

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Das El Primero stach jedoch nicht allein durch seine innovativen Mechanismen hervor, sondern ebenfalls durch eine ganz neue Ästhetik die bis heute an Wirkung nicht verloren hat.

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In einer Zeit, in der dunkle Ton-in-Ton Zifferblätter Mode waren, fielen die El Primero-Modelle mit ihren ungewohnten Farben optisch völlig aus dem Rahmen.

 

Um die Ablesbarkeit zu erhöhen, hatte man den Zählern unterschiedliche Farb-Nuancen zugeordnet: der Sekundenzähler war am hell gehalten, der Stundenzähler dunkel und der Minutenzähler in einer Schattierung dazwischen.

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Konkret bedeutete dies: Hellgrau, Anthrazit und Blau, eine Kombination, die schnell Erkennungsmerkmal wurde und Ikonenstatus errang.

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Eine der Grundlagen für die Entwicklung des El Primero war der Kauf der Universal-Genève-Tochter „Martel Watch Co.“ durch Zenith im Jahr 1960. Diese Firma brachte fundierte Erfahrungen in der Konstruktion von Chronographen ein.

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Mit dem Know How von Martel präsentierte Zenith denn auch den eigenen ersten Chronographen, das Kaliber 146 D bzw. H. Allerdings war es noch ein Handaufzugskaliber. Vorher verwendete Zenith zugekaufte Kaliber.

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Die Entwicklung des automatischen Chronographenwerks El Primero, bei dem der Chronographen-Mechanismus zudem im Werk integriert ist, hatte bereits im Jahr 1962 begonnen.

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Doch es dauerte noch bis zum Jahr 1969 um das Kaliber zu optimieren und serienreif zu machen. Die Unruh des Kalibers schwang, im Unterschied zu den Wettbewerbern, mit 36.000 Halbschwingungen pro Stunde (5 Hz), was die angestrebte Messung von Zehntelsekunden ermöglicht.

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Damals, im beginnenden Zeitalter vor den Quarzuhren, war das eine technische Meisterleistung. Und das ist sie bis heute geblieben.

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Mit 29,33 Millimetern im Durchmesser und nur 6,5 Millimetern in der Höhe baute das Ur-El Primero erstaunlich klein. Der Rotor dreht sich um ein zentrales Kugellager. Integriert ist ein Wechselgetriebe zur Polarisierung der Rotorbewegungen. So zieht die sehr effiziente Automatik beidseitig auf und versorgt das Kaliber bei Vollaufzug mit rund 50 Stunden Gangautonomie.

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Das El Primero schlug die konkurrierenden Entwicklungen einer Kooperation von Breitling, Heuer-Leonidas, Hamilton/Büren und Dubois Dépraz, die erst knapp zwei Monate später, am 3. März 1969, ein automatisches Chronographenkaliber unter dem Namen Kaliber 11 „Chronomatic“ (im Bild unten rechts) vorstellten.

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Dieses Kaliber 11 war streng genommen kein integrierter Chronograph. Das Basiskaliber kam von Buren, das Chronographenmodul von Dubois-Depraz.

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Aus diesem Grund befindet sich der Mikrorotor für den automatischen Aufzug auch mitten im Uhrwerk.

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Die Entwicklung von Seiko, dem dritten großen Konkurrenten, folgte dann später im Jahr 1969 mit dem Kaliber 6138/ 6139 (s. das Bild oben) .

Im Unterschied zu den Entwicklungen der Konkurrenten lebt das El Primero aber heute noch, doch dazu später mehr. Über 40 Jahre nach seiner Ersterscheinung bleibt El Primero mit seiner Fähigkeit, Kurzzeiten bis auf eine Zehntelsekunde genau zu messen, der präziseste Serien-Chronograph der Welt. Und der mit den meisten Preisen ausgezeichnete ebenfalls.

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Man sieht es einer solchen kleinen mechanischen Uhr kaum an aber die Modelle aus der El Primero Kollektion von Zenith benötigen durchschnittlich eine neunmonatige Bauzeit mit 2.500 verschiedenen Arbeitsgängen, die von 300 erfahrenen Händen ausgeführt werden.

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Und das Meiste wird tatsächlich „inhouse“ geleistet, ganz wie es Georges Favre-Jacot bereits bei der Gründung von Zenith im Jahr 1865 vor Augen hatte. In jedem El Primero-Uhrwerk werden für die über 300 Bauteile durchschnittlich 18 verschiedene Legierungen verwendet.

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Das „El Primero“ mit seiner typischen, Tricompax genannten Anordnung der Totalisatoren ist sicher das bekannteste mechanische Uhrwerk unserer Zeit. Es wird auch heute noch mit großem Erfolg produziert und zählt unverändert zu den hochwertigsten und von Kennern geschätzten Chronographenwerken. Die Produktion der beiden damaligen Konkurrenzwerke wurde hingegen bereits 1975 bzw. 1980 eingestellt.

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Doch ganz so reibungslos verlief die Geschichte des El Primero nicht. Um genau zu sein verdanken wir es der Gehorsamsverweigerung eines einzigen Mitarbeiters bei Zenith, das es das El Primero heute noch gibt.

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Die Zeit zwischen 1971 und 1999 verlief für Zenith mit mehreren Besitzerwechseln höchst wechselhaft, zeitweise verschwand die Marke gar komplett von der Bildfläche. Dem couragierten Leiter des Chronographen-Ateliers, Charles Vermot, ist es zu verdanken, dass das El Primero der Nachwelt erhalten blieb denn er widersetzte sich 1975 der Order der damaligen Besitzer, alle Maschinen, Werkzeuge, Fournituren, Rohwerke und Konstruktionsunterlagen des El Primero zu vernichten und versteckte all diese Dinge stattdessen auf dem Dachboden der Manufaktur.

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Im Jahr 1978 gelangte Zenith wieder in Schweizer Hand und ab 1981 belieferte die Marke aus Restbeständen des El Primero zunächst Ebel. Dort wurde es Kaliber 134 genannt.

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Ab 1986 gab es dann wieder Uhren der Marke Zenith.

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Das Jahr 1988 brachte für Zenith die Wende. Rolex beauftragte Zenith mit der Fertigung eines modifizierten El Primero Kalibers für die ab 1989 erhältliche Rolex Cosmograph Daytona Ref. 16520, die unter Sammlern auch den Zusatz „Zenith-Daytona“ trägt. Dieses Kaliber war mit 28.800 Halbschingen / Stunde allerdings kein Schnellschwinger.

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So blieb das El Primero und darüber auch die Uhrenmarke Zenith der Nachwelt erhalten. Seit 1999 gehört Zenith zum Luxusgüterkonzern LVMH.

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Man besann sich auf die Wurzeln und Werte, welche die Marke einst stark gemacht hatten.

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Und Zenith entwickelte das El Primero weiter. Die Puristen unter den Uhrenliebhabern werden etwas schimpfen, denn für sie ist das El Primero zwingen ein schnellschwingender Schaltrad-Chronograph mit Tricompax-Anzeige und automatischem Aufzug.

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Doch tatsächlich bildet das El Primero heute bei Zenith die technische Grundlage für viele, teilweise sehr komplizierte Uhren.

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Diese Uhren müssen nicht zwingend ein Chronograph sein oder einen automatischen Aufzug besitzen.

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Das El Primero bildet die Basis für diese tollen Uhren und Zenith wäre schlecht beraten, es nicht genau so zu tun.

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Und so gibt es heute, neben den klassischen El Primero-Chronographen, bei Zenith auch Tourbillons, Uhren mit Constant Force Mechanismen á la Kette & Schnecke oder Uhren, bei denen die Hemmung gyroskopisch gelagert ist.

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Es gibt auch Uhren, die vieles davon in sich vereinen. Aber allen gemein ist das El Primero als technische Grundlage und deswegen ist es noch heute das bekannteste und noch immer eines der besten mechanischen Uhrwerk der Welt.936-15431

 

 

Blickt man auf Zenith, nebenbei bemerkt: eine echte Uhrenmanufaktur, und vor allem auf die Innovationsfreude, die diese Marke seit der Gründung 1865 an den Tag gelegt hat dann wird es mit Spannung zu verfolgen sein, wie Zenith diese Ikone des Uhrenbaus weiterentwickeln wird. Siliziumbauteile wie einen Anker und ein Ankerrad gibt es schon. Ebenso Brücken aus Titan.

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7 Kommentare

  1. Sehr schöne Automatikuhr

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