H. Moser – die Historie der Marke
Johann Heinrich Moser wurde am 12. Dezember 1805 in Schaffhausen, als Sohn des Stadtuhrmachers und Kantonsrat Erhard Moser (1760–1828) geboren. Bereits sein Großvater, Johannes Moser, war Stadtuhrmacher von Schaffhausen. Heinrich Moser absolvierte auf dem familiär vorgezeichneten Berufsweg eine 3 1/2-jährige Uhrmacherlehre (1820 bis 1824) bei seinem Vater und ab 1824 die traditionellen Wanderjahre, die er vor allem in La Chaux-de-Fonds verbrachte und eine weitere Lehre in Le Locle. Eigentlich wollte der junge Heinrich Moser seine Ausbildung in Italien absolvieren. Doch der Vater brachte ihn mit einer kleinen List nach La Chaux-de-Fonds: Heinrich sollte im Auftrag seines Vaters ein Paket nach La Chaux-de-Fonds bringen und erkannte vor Ort, wieviel er dort lernen konnte.
Also blieb er schließlich dort. Nach seiner Ausbildung beginnt er mit einem kleinen Handel von Ersatzteilen. Schon nach reichlich einem Jahr erhält der begabte Moser Arbeitsangebote aus Italien und Paris. Ab 1826 gründete er mit 21 Jahren eine eigene Existenz und schalte als selbständiger Uhrmacher Uhrwerke in Gehäuse ein.
Anfang Oktober 1827 geht er als mutiger junger Unternehmer nach Russland, um sich mit seiner handwerklichen Begabung und auch kaufmännischen Fähigkeiten in diesem Uhrenmarkt zu etablieren. Im Spätsommer 1828 eröffnete er mit 500 Rubel ein eigenes Geschäft am berühmten Newskij Prospekt in Sankt Petersburg (s. das Bild oben) unter dem Firmennamen H. Moser & Cie. . Diese Uhren zeichnen sich durch eine überragend hohe Qualität aus. Moser prüfte anfangs noch jede Uhr persönlich vor dem Verkauf. Dieses Qualitätsdenken wird vom russischen Markt durch gute Verkaufszahlen honoriert. Aber so musste auch die Fertigung den hohen Ansprüchen gerecht werden. 1829 eröffnet Moser also in Le Locle eine Uhrenfabrik unter der Firma Henry Moser au Locle, um dort ausschließlich Uhren für seine Handelsgesellschaft herzustellen. Er nutze den Namen „Henry“ als international griffigere Version seines eigenen Vornamen Heinrich.
Als Betriebsleiter setzte er seinen früheren Weggefährten Droz ein. Die Taschenuhren der Firma waren in Russland so beliebt, dass sie sehr oft gefälscht wurden. In Zeitungsanzeigen warnte Moser zu dieser Zeit vor diesen Fälschungen.
Die weltberühmte Manufaktur Fabergé setzte z.B. in ihre zeitanzeigenden meisten Präziosen Uhrwerke von H. Moser & Cie. ein.
Auch die russische Oberschicht rund um den Zarenhof schmückte sich mit den Uhren des Hauses Moser. Sogar Wladimir Iljitsch Uljanow, besser bekannt unter dem Name Lenin, trug nachweislich eine Moser-Uhr:
Ebenfalls im Jahr 1829 bewarb sich Heinrich Moser um das Amt des Stadtuhrmachers von Schaffhausen. Er wurde allerdings mit Blick auf sein junges Alter vom Stadtpräsidenten abgelehnt.
Im Oktober 1830 heiratete Moser die Tochter Charlotte des schon verstorbenen Hof-Mechaniker Franz Mayu. Durch diese Heirat wurde sein bisheriger Geschäftspartner, Johann Mayu, auch sein Schwager. 1832 folgte eine Geschäftsgründung in Moskau. Es folgten weitere Geschäfte in Kiew, Irbit und Nowgorod. Auch war er ständiger Gast an der wichtigen russischen Messe von Nischni Nowgorod. Moser-Uhren konnte man auch in Paris und New York kaufen. Von 1839 bis 1842 lebte die Familie wieder in der Schweiz in Le Locle. Wieder zurück in Russland wurde am 13. Mai 1844 sein einziger Sohn Georg Heinrich, genannt Henri, in Petersburg geboren.
Seine längst geplante Rückkehr in die Schweiz musste er in der Zwischenzeit immer wieder verschieben. Unter anderem hatte die Cholera manchen Mitarbeiter, u.a. seinen Geschäftsführer dahingerafft. Um sein Uhrenimperium zu sichern, reiste Heinrich Moser also unaufhörlich zwischen St. Petersburg, Moskau und Le Locle hin und her.
Heinrich Moser kehrt endgültig im Jahr 1848 als mittlerweile sehr wohlhabender Großkaufmann und Unternehmer nach Schaffhausen zurück. Seine Erfahrungen und Beobachtungen, die in seinen Reisejahren vor allem im Russland gemacht hatte, führten ihn zu der Vision, das ruhige Schaffhausen in einen lebendigen und modernen Industriestandort umzugestalten. 1849 konnte er mit gezielten Getreidekäufen Schaffhausen aus einer sich anbahnenden Hungersnot heraushalten. Nun begann er mit dem Bau der schlossähnlichen Villa „Charlottenfels“, benannt nach seiner geliebten Gemahlin. Doch Charlotte sollte den Einzug ins neue Heim nicht mehr erleben. Sie starb im Jahr 1850 an den Folgen eines Kutschenunfalls.
1854 beteiligte er sich an der Errichtung der Taschenuhrgehäuse-Fabrik Lucas Jezler. Kurze Zeit später folgte eine zweite Fertigungseinrichtung für Taschenuhrgehäuse. Beide Einrichtungen wurden 1863 mit neuester Technik ausgerüstet.
Auch regte Heinrich Moser bereits Ende der 1850er Jahre den Bau eines Rhein-Wehres an. Für damalige Verhältnisse war dies ein tollkühnes Projekt, das noch niemand zuvor versucht hatte. Daher war die Reaktion auf seine Idee bei den verantwortlichen in Schaffhausen auch mehr als verhalten. Zu unwägbar erschienen der Aufwand und die Realisierbarkeit eines solchen Projektes. Heinrich Moser bot der Stadt Schaffhausen an, den Damm für einen vergleichsweise geringen Fixpreis in einem festgesetzten Zeitrahmen zu errichten, wenn die Stadtoberen im Gegenzug Flächen in der Stadt für die Ansiedelung von Industrien zur Verfügung stellen würden. Er riskierte also sein eigenes Vermögen in nicht unerheblichem Umfang, um dieses Projekt umzusetzen. Die Stadtoberen konnten dieses Angebot nicht ablehnen und so begann im Oktober 1863 der Bau des Moser-Dammes, der eine unwahrscheinliche technologische Herausforderung darstellte und der im Winter 1864/65 vollendet wurde. Nach einem letzten Dammbruch im Frühjahr 1865 und der notwendigen Reparatur im Winter 1865/66 erfolgte am 9. April 1866 die feierliche Inbetriebnahme des Dammes mit seinem Turbinenhaus.
Es war seinerzeit der größte Staudamm der Schweiz. Die mittels Drahtseiltransmission auch über längere Distanzen in die Stadt transportierte Energie war der Schlüssel zur Industrialisierung der Region Schaffhausen. Heinrich Moser kaufte dann direkt am Rhein ein größeres Areal von der Stadt, auf dem er ein Fabrikgebäude errichtete. Dadurch ermöglichte er vielen kleineren und mittleren Firmen zu vorteilhaften Bedingungen Betriebe zu eröffnen, zum Beispiel eine Kammgarnspinnerei. Im Jahr 1868 unterstützt Heinrich Moser den amerikanischen Uhrmacher Florentine Ariosto Jones, der ursprünglich in der Schweiz Uhren bzw. Teile für ein Unternehmen in New York produzieren lassen wollte, auch finanziell bei der Gründung der International Watch Co. sowie durch die Bereitstellung von Gewerberäumen und Antriebsenergie. Der ursprüngliche Moser-Damm lag dort, wo sich heute das Flusskraftwerk der Stadt Schaffhausen befindet. Heinrich Moser war auch ist Mitinitiator bei der Gründung verschiedener Unternehmen abseits der Uhrenherstellung wie z.B. der Schweizerischen Waggonfabrik bei Schaffhausen, der Schweizerischen Industriegesellschaft (SIG) Neuhausen und der Eisenbahnlinie Schaffhausen-Winterthur. Ab 1860 wurden bei H. Moser & Cie. in der Uhrenfabrikation, auf Grund der stark gestiegenen Nachfrage, auch Werke von Zulieferern wie Audemars, Le Coultre, Robert & Courvoisier, Lipmann und später Longines, Nardin und IWC verarbeitet. Moser verwendet damals über 60 verschiedene Kaliber. Davon besaßen 24 Kaliber verschiedenste Komplikationen.
Im Jahr 1870, 20 Jahre nach den Tod seiner ersten Frau Charlotte, ging Heinrich Moser mit der um dreiundvierzig Jahre jüngeren Baronin Fanny Louise von Sulzer-Wart (1848-1925) aus Winterthur eine zweite Ehe ein, der zwei Töchter entwuchsen. Eine davon war Fanny Moser. Vier Tage nach der Geburt der jüngeren Mentona starb Heinrich Moser am 23. Oktober 1874 im Alter von 69 Jahren.
Heinrich Moser führte seinen vielschichtigen Industriebetrieb als echter „Patron“. Er vertrat den Standpunkt, dass er als Einziger die Leitplanken am besten vorgeben könnte. Er bezahlte seinerzeit die besten Löhne. Folgender Ausspruch Heinrich Mosers wird überliefert: „… sagen die Fabrikanten hier, dass die guten Arbeiter von mir behext seien. Man könne mir keinen abjagen; ich habe die besten in der ganzen Gegend…“. Moser verlangte dafür von seinen Mitarbeitern weit überdurchschnittliches Interesse am Geschäft und honorierte dies wiederum mit Gratifikationen und Tantièmen auf allen Stufen.
Weiter sagte er: „Diese Leute sind die Schöpfer meines Wohlstandes, man muss sie warm halten“.
Da sein einziger Sohn Georg Heinrich Moser, ein gelernter Uhrmacher, kein wirkliches Interesse zeigte die Firma nach dem Tod des Vaters zu übernehmen, führte seine zweite Frau Fanny das Imperium weiter. Sie verkaufte 1877 das gesamte russische Handelsgeschäft sowie die Uhrenfabrik in Le Locle an die jeweiligen Geschäftsführer, – die Handelsgesellschaft übernahm Johannes Winterhalter, die Schweizer Uhrenfabrik ging an Paul Girard – mit der Auflage, dass alle Nachfolgefirmen stets unter dem Firmennamen «H. Moser & Cie.» oder «Heinrich Moser & Co.» weiterzuführen sind. In der Folge ging der in Russland ansässige Teil 1917 mit der Oktoberrevolution unter.
Georg Heinrich Moser bereiste die Welt und trug u.a. eine große Anzahl an orientalischen Hieb- und Stichwaffen zusammen, die heute in Bern ausgestellt werden. Er übergab Charlottenfels mangels Erben in die Obhut des Kantons Schaffhausen, der das Schloss noch heute betreibt.
Ab 1955 wurden nur noch Armbanduhren bei Moser hergestellt. 1979 wurde die Firma Teil der Dixi-Mechanique-Group (heute Dixi Holding Le Locle S.A.). Im Zuge der Quarz-Krise der schweizer Uhrenindustrie verschwand die Marke H. Moser & Cie. vorrübergehend von der Bildfläche.
Die Historie von Heinrich Moser und seinen Unternehmungen wird wissenschaftlich erforscht. Für die Inhaberfamilie der wiederbelebten Uhrenmarke H. Moser & Cie., die Familie Meylan, ist das Verständnis, was und vor allem wie Heinrich Moser vorgegangen ist, auch abseits von Marketinggedanken sehr wichtig.
Im Jahre 2002 wurde die Firma Moser Schaffhausen AG von Heinrich Mosers Urenkel, Roger Nicholas Balsiger, mit Dr. Jürgen Lange und Thomas Straumann (nicht auf dem folgenden Bild) gegründet und von ihr die Marke H. Moser & Cie. weltweit geschützt angemeldet und somit wieder zum Leben erweckt.
Man nahm sich drei Jahre Zeit, um die Marke wieder aufzubauen und um eigene Uhren von Grund auf zu entwickeln. Im Jahr 2005, exakt 200 Jahre nach der Geburt Heinrich Mosers, wurde dann das erste Modell der Neuzeit aus dem Hause H. Moser & Cie. präsentiert.
Bereits dieses erste Modell, ein vom freien Uhrmacher Andreas Strehler erdachter Ewiger Kalender in vollkommen ungewöhnlicher Erscheinung und höchst bedienerfreundlich konstruiert, zeigte im Jahr 2005 den Anspruch von H. Moser & Cie., wieder die besten Uhren zu bauen.
Dieses Modell gewann dann bereits im November 2006 einen der renommiertesten Preise der Schweizer Uhrenindustrie, den Grand Prix d’Horlogerie de Genève in der Kategorie “Beste Komplikation.
Auf der BaselWorld 2006 werden die ersten vier Uhrenlinien der Neuzeit, die Moser-Perpetual 1, Monard Date, Monard und Mayu erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgeführt.
Neben den eigenen Werken und der sehr klaren Gestaltung der Uhren beeindruckte Moser von Anfang auch mit höchst aufwändig gefertigten Zifferblättern oder aber mit der Verwendung ungewöhnlicher Materialien wie Palladium. Auf der Baselworld 2010 wurde die vierte und fünfte Uhrenlinie, die Moser Perpetual Moon und die Henry Double Hairspring präsentiert.
Die Namensgebung der Perpetual Moon lässt erkennen, dass es sich nicht um eine normale Monphasenanzeige handelt. Die in diesem Modell verwirklichte Anzeige weicht erst in mehr als 1000 Jahren um einen Tag ab. Genauer gesagt: pro Tag um 0,23 Sekunden. Eine derartige Genauigkeit der Monphasenanzeige hat noch niemand anders geschafft.
Die Moser Henry im eleganten Tonneau-Gehäuse besticht technisch durch eine doppelte Straumann Spirale, im Englischen „Double Hairspring“ genannt, die in das wunderbare Formwerk integriert worden ist.
Diese doppelte Straumann Spirale erhöht die Ganggenauigkeit der Uhr signifikant, weil Lagenabweichungen besser kompensiert werden.
In 2012 präsentierte Moser die Meridian als sechste Uhrenlinie der Neuzeit.
Im Jahr 2013 folgte dann eine siebte Uhrenlinie mit dem Namen Nomad , die neben einer zweite Zeitzonen noch eine AM/PM-Anzeige aus dem Zentrum heraus zeigt. Sie löste die Meridian ab, die es nur sehr kurze Zeit gab. Dementsprechend selten ist die Meridian. Man spricht von etwa zwanzig Uhren. Der Clou der Nomad war, dass man den Zeiger der zweiten Zeitzone auch „verstecken“ kann wenn man ihn nicht benötigt. Dann hat man eine „normale“ Dreizeiger-Uhr, wobei das „normal“ im positiven Sinn nicht ganz zu H. Moser & Cie. passt.
Der Grad an Ideenreichtum und Erfindergeist, gepaart mit einer anständigen Portion Mut und Willenskraft, sucht in der Uhrenindustrie seines Gleichen.
Das vorerst letzte Kapitel begann für H. Moser & Cie. im Jahr 2012.
Die Familie Meylan, unter Führung von Georges-Henri Meylan, begann ihr Engagement bei Moser. Georges-Henri Meylan war einst für über zwei Jahrzehnte die treibende Kraft z.B. hinter Audemars Piguet. Mit dem Engagement der Familie Meylan gab das Familienoberhaupt seiner Familie, vor allem seinen zwei Söhnen, eine gemeinsame Aufgabe.
Edouard Meylan ist der Geschäftsführer von Moser und ein ebenso mutiger Unternehmer wie einst Heinrich Moser. Über mutige Entscheidungen wurde Moser zu einer Uhrenmarke, die heute qualitativ und hinsichtlich der markeneigenen Kompetenz wieder in der obersten Liga der Uhrenbranche mitspielt, dabei aber ungewöhnlich frisch und innovativ wirkt. Die Modellpalette wurde sanft verändert und auch umbenannt. Derzeit gibt es drei Uhrenlinien, die alle eine eindeutige Moser-DNA zeigen: die Endeavour-, die Venturer- und die im Jahr 2015 vorgestellte Pioneer-Linie.
Auch Tourbillons kann Moser bauen. Wenn wundert das? Und natürlich verfügen die Tourbillons auch über eine doppelte Straumann Spirale.
Die drei Säulen mutiger Unternehmergeist, eigene raffinierte technische Lösungen und vollständige Fertigung von Teilen und Uhren im eigenen Haus tragen heute die Marke H. Moser & Cie. .
Damit knüpft man ganz bewusst an die Werte und Ideale von Heinrich Moser an, denen man sich verpflichtet fühlt und an denen man sich täglich misst.
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