Häufig sind es ja die kleinen und feinen Details, die den großen Unterschied machen. Bei den Menschen wie bei den Maschinen und natürlich auch bei den Uhren!
Das ich ein großer Fan von Chronographen bin kann man u.a. auch an diesem Blog und den darin veröffentlichten Artikeln erkennen. Und selbstverständlich interessiere ich mich für eben diese kleinen und feinen Details, von denen für mich eine enorme Faszination ausgeht. Wer entwickelt so etwas? Wer baut diese winzigen, wunderbaren Mechanismen? Nicht alle Uhrenmarken geben sich derartig Mühe. Allzuoft ist das Design wichtiger als der Rest.
Nicht so bei Uhrenmarken wie Rolex, A. Lange & Söhne oder Patek Philippe.
In diesem Artikel soll es um ein kleines, fast winziges Detail in der Rolex Daytona mit dem Kaliber 4130 gehen, welches kaum ein Besitzer solch einer Uhr je zu Gesicht bekommen wird, nicht zuletzt, weil Rolex keine Sichtböden verbaut.
Und dennoch trennt dieses kleine Detail, die vertikale Kupplung des Chronographen, sprichwörtlich bei dieser Art Uhren “die Spreu vom Weizen”. Zusätzlich weist das Kaliber 4130 noch ein weiteres Qualitätsmerkmal auf: das Schaltrad.
Aber hier soll es hauptsächlich um die vertikale Kupplung gehen. Da erklärt sich Funktion des Schaltrades quasi gleich mit.
Grundsätzlich kann man bei Chronographen zwischen Schaltrad und Kolonnenschaltung sowie zwischen horizontaler und vertikaler Kupplung unterscheiden. Schaltrad und vertikale Kupplung sind wesentlich komplexer und damit auch aufwändiger, also auch teurer. Dabei müssen Schaltrad und vertikale Kupplung nicht immer zusammen zu finden sein. Nur die besten Chronographen zeigen Schaltrad und vertikale Kupplung.
Der Cosmograph Daytona gehört mit seinem aktuellen Kaliber 4130 ganz sicher zu den besten Chronographen, die man heute kaufen kann. Doch wo liegt nun der Qualitätsunterschied?
Bei einem Chronographen spielt, neben der grundsätzlichen Qualität des Uhrwerks in all seinen Teilen, vor allem die Kraftübertragung zwischen Uhrwerk und Chronographenmechanismus eine entscheidende Rolle.
Es gibt Chronographen, auch sehr hochwertige wie den Datographen von A. Lange & Söhne, die sollte man nicht ständig eingeschaltet mitlaufen lassen, da sonst der Verschleiß im Uhrwerk zu hoch ist. Ausserdem beeinflusst die Art der Kupplung z.B. wie präzise der Chronograph, genauer der Sekundenzeiger des Chronographen bei Starten der Zeitmessung anläuft.
Hier das Kaliber 727 einer alten Daytona mit Schaltrad, aber horizontaler Kupplung
Bei der horizontalen Kupplung kann es eine leichte Verzögerung beim Starten und Anhalten des Chronographen geben, weil hier der Kraftschluss zwischen Uhrwerk und Chrono-Mechanismus ausschließlich über Zahnräder realisiert wird. Und hier ist die Stellung der Zähne der Zahnräder entscheidend. Startet man den Chronographen, wenn zufällig ein Zahn des Chrono-Zentrumsrad mit einem Zahn des Übertragungsrades zusammentrifft und noch kein richtiger Eingriff der Zahnräder möglich ist, so läuft der Chrono nur verzögert an.
Die drei rot eingekreisten und nummerierten Räder stellen die horizontale Kupplung dar:
1 das Rad des kleinen Sekundenzeigers, der immer mitläuft
2 das Rad, welches den Kraftfluss zwischen Rad 1 und dem Rad 3 herstellt
3 das Rad des Chronosekundenzeigers.
Man kann erkennen, dass sich die Räder 1 und 2 immer im Eingriff befinden, also ständig laufen. Zwischen Rad 2 und 3 ist ein kleiner Abstand zu erkennen. Der Chrono ist ausgeschaltet. Betätigt man den Start-Drücker, so wird das Rad 2 an das Rad 3 über Hebel heran bewegt und die Zähne haben ebenfalls Eingriff. Das Rad 3, an dem der zentrale Sekundenzeiger des Chronographen befestigt ist, läuft mit -> der Chronograph misst die verstrichene Zeit. Über das Rad 3 werden auch der Minutenzähler und, wenn vorhanden, der Stundenzähler angetrieben. Betätigt man nun den Stopp-Drücker, so endet der Eingriff des Rades 2 in das Rad 3 und der Chrono mit all seinen Zählern steht. Beim erneuten Starten greifen die Räder in einander. Beim Nullstellen über den Reset-Drücker drücken Hebel auf die Herzscheiben, die sich an allen drei Chronorädern (Sekunde, Minute und Stunde) befinden und bewegen die Räder in die Nullposition (im folgenden Bild ist das Rad oben auf Null gestellt).
Das Schaltrad steuert die Funktionen. Nullstellen kann man bei einem normalen Chronographen nur, wenn der Chrono steht. Wenn er läuft, dann ist der Nullstellmechanismus blockiert.
Exkurs: Eine Ausnahme stellen die Chronos mit Flyback-Mechnanismus dar, bei denen auch bei laufendem Chrono auf Null gestellt werden kann. So kann man eine neue Messung “im Fluge” mit nur einer Drückerbetätigung starten. Normalerweise braucht man drei.
So funktioniert, vereinfacht erklärt, ein Chronograph.
Nun zur vertikalen Kupplung, die sich erheblich von der oben dargestellten horizontalen Kupplung (der Name kommt von der horizontalen Ebene, in der alle drei Räder (s.o.) liegen; der Kraftschluss erfolgt in der horizontalen Ebene) unterscheidet. Der Logik folgend wird der Kraftschluss zwischen dem Räderwerk der Uhr und dem Chrono-Mechanismus bei der vertikalen Kupplung in vertikaler Richtung realisiert. Ganz ähnlich funktioniert auch eine normale Kupplung eines Automobils.
Das folgende Bild zeigt die vertikale der aktuellen Daytona:
oder hier in einer schematischen Darstellung, anhand derer ich die Funktion darstellen möchte:
Links kann man eine Explosionszeichnung der vertikalen Kupplung sehen. Das untere blaue Bauteil hat Eingriff in das Sekundenrad des kleinen, dauerhaft mitlaufenden Sekundenzeigers bei “6 Uhr”. Somit dreht sich das blaue Bauteil auch ständig. Das darüberliegende grüne Bauteil ist federnd gelagert (orangefarbenes Bauteil).
Wenn der Chronograph steht (Bild rechts) dann greifen zwei Zangenbacken (dort, wo die grünen Pfeile sind) zwischen das blaue und grüne Bauteil und trennen beide.
Betätigt man nun den Startdrücker, so lösen die beiden Zangenbacken ihren Eingriff und das blaue und das Grüne Bauteil bekommen einen Kraftschluss. Dies geschieht über die Reibung zwischen beiden Bauteilen und führt zu einem verzögerungsfreien Start des Chronographen. Der Vorgang ist im folgenden Bildern dargestellt.
Das folgende Bild zeigt anschaulich die Funktion des Schaltrades:
Auch ist der Verschleiß bei dieser Art Kupplung wesentlich geringer.
Im nächsten Bild sieht man den gesamten Chronomechanismus des Kaliber 4130 im Zustand des laufenden Chronographen
Betätigt man nun den Stopp-Drücker, so greifen die Zangen wieder zwischen die oben blau und grün dargestellten Bauteile der Kupplung und der Chrono steht. Man beachte die Stellung des Schaltrades.
Drückt man erneut den Startdrücker, so öffnet sich die Zange an der Kupplung wieder und die beiden Bauteile grün und blau liegen wieder aneinander an. Der Chrono läuft an.
Betätigt man hingegen den Nullstelldrücker, so werden Sekunden-, Minuten- und Stundenzähler über Herzhebel und Herzscheiben (s.o.) auf Null zurück gestellt.
Die vertikale Kupplung misst knapp 5 mm im Durchmesser und nicht einmal 4 mm in der Höhe.
Durch den konsequenten Einsatz von Metallbodendeckeln seitens Rolex kann der (normale) Besitzer einer Daytona dieses Schauspiel nicht live beobachten. Wie bereits in diesem Blog an anderer Stelle beschrieben habe ich für meine Daytona einen Bodendeckel mit einem Safirglas anfertigen lassen.
Doch auch durch diesen kann man die vertikale Kupplung bei gestopptem und auf Null gestellten Chronographen nicht sehen:
Erst wenn man den Startdrücker betätigt, dann wird die Kupplung sichtbar (roter Kreis)
Und hier die vertikale Kupplung in der Nahaufnahme
Die folgenden zwei Bilder zeigen die Kupplung und eine Backe der Zange, welche die Kuplung bedient:
bei laufendem Chronographen = die Zange (in der Mitte des Bildes) ist offen
und bei gestopptem Chronographen = die Zange (in der Mitte des Bildes) ist geschlossen
Das letzte Bild zeigt die “freigelegte” vertikale Kupplung bei angenommener Brücke. Nun gut zu erkennen: die Zange.
(Quelle: Gerhard Schmidt)
Ich hoffe, dass ich mit diesem Artikel die Finessen eines Rolex Cosmograph Daytona darstellen konnte. Rolex hat mit dem Kaliber 4130 eines der besten und haltbarsten Chronographenkaliber entwickelt. Die Mühe, die sich die Konstrukteure, Techniker und Uhrmacher bei Rolex für ein Bauteil gegeben haben, welches der Besitzer der Uhr niemals sieht ist schon enorm. Typisch Rolex eben. Aber diese Mühe zahlt sich durch die Langlebigkeit und Funktionssicherheit dieser Uhr aus.
Und hier trennt sich wirklich die Spreu der ausschließlich auf Design und weniger auf derartige technische Finessen getrimmten Marken vom Weizen, den Marken wie Rolex darstellen.
Das begründet sicher den unerreichten Mythos der Marke Rolex sowie das gute und sichere Gefühl, eine solche Uhr am Arm zu tragen. Und auch den Wert den diese Uhren aus Genf haben und vor allem auch behalten.
Well done Rolex! Ich sage Danke für eine weitere, wundervolle Uhr!
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