Was macht H. Moser & Cie. rar?
Das Verb „rar“ wird im Deutschen laut Duden vom Substantiv „Rarität“ abgeleitet und dieses wird wie folgt definiert:
1.(selten) das Rarsein
- etwas Rares
- seltenes und wertvolles Sammler-, Liebhaberstück o. Ä.
Synonyme zu Rarität sind:
Ausnahme, ein weißer Rabe, Kostbarkeit, Liebhaberstück, Sammlerstück, Schatz, Schaustück, Seltenheit; (umgangssprachlich) Prachtexemplar, Prachtstück.
(Quelle: Der Duden, Onlineausgabe)
Die kleine und feine Uhrenmarke H. Moser & Cie. beansprucht für sich „very rare“ zu sein. Was im Einzelnen der Uhrenmanufaktur Moser aus Neuhausen am Rheinfall diese Sonderstellung verleiht möchte ich in diesem Artikel darstellen.
Was ist eine gute Marke?
Im Bereich des Top-Segmentes der Uhrenbranche existieren viele Uhrenmarken und in den letzten Jahren sind einige neue Marken entstanden. Auf den ersten Blick eint alle diese Marken, dass exklusive Produkte zu ebenso exklusiven Preisen an die Frau und an den Mann gebracht werden sollen. Und so nennen sich z.B. viele dieser Uhrenmarken „Manufaktur“. Genauso weit verbreitet ist auch der Bezug zur eigenen Geschichte, die gerne auch mal 100 oder mehr Jahre alt sein darf.
Aber auf den zweiten Blick erkennt man zumeist, dass dies lediglich gerne genutzte, weil griffige Marketing-Attribute sind. Die glamouröse Historie entpuppt sich dann oft lediglich als ein Name und ein gealtertes schwarz/weiß-Bild irgendeines „genialen“ Uhrmachers aus früheren Zeiten, an den sich jemand im richtigen Moment erinnert hat. Und in Wirklichkeit sind bei solchen „Manufakturen“ die Abteilungen für Design und Marketing die Prominentesten, Uhren hingegen werden aus meist extern zugekauften Einzelteilen maximal noch im eigenen Hause zusammengesetzt. Fast hat es den Anschein, als wäre jedes Marketinginstrument gerade gut genug, um oft überteuerte und substanzarme Armbanduhren zu verkaufen.
Viel zu selten sind die wahren „Perlen“ unter den Marken. Diejenigen, für die die eigene Historie nicht nur eine geschmeidige, gut erzählbare Geschichte sondern täglicher Ansporn und ständige Verpflichtung zugleich ist und die ehrliche, authentische und meist auch pfiffige Produkte, im eigenen Hause erdacht und gefertigt, hervorbringen, an denen wir dann auf Grund der höchsten Qualität sehr lange viel Freude haben dürfen.
Eine dieser seltenen, im wahrsten Sinne des Wortes „wertvollen“ Marken war und ist bis heute zweifelsohne H. Moser & Cie. .
Warum? Das möchte ich hier, als leidenschaftlicher unabhängiger Uhrensammler, der seit vielen Jahren auf der ständigen Suche nach diesen erfreulichen Ausnahmen ist, gerne beschreiben und mit Ihnen teilen.
Innere Werte
In meinen Augen bilden sowohl die Substanz an Ideen und Kompetenz als auch die Orientierung an echten, ehrlichen und nachvollziehbaren Werten das Fundament einer guten (Uhren-)Marke. Schließlich investieren Sie auch nicht unerhebliche Werte um wiederum etwas tatsächlich Wertvolles dafür zu bekommen.
Sicher ist es deutlich einfacher für eine Marke, solche Werte einfach „über Bord zu werfen“ als sich ständig an ihnen zu orientieren und zu messen. Es wäre weniger komplex und weniger aufwändig, technische Lösungen einfach von externen Zulieferern einzukaufen als diese selber zu entwickeln. Schließlich wäre es für einen Unternehmer auch weniger risikoreich, viel Marketing und PR um eigentlich unspektakuläre Uhren zu machen als viel Kraft, Zeit und auch Geld zu investieren und diese raffiniert und in höchster Qualität von Grund auf neu zu erschaffen.
Was ist Qualität?
Doch wie erkennt man nun die Qualität einer Uhr und/oder einer Marke? Am Auftritt der Marke? Nicht zwingend. Auch Uhrenmarken, die nur mittelmäßige aber durchaus teure Uhren aus zumeist zugekauften Einzelteilen herstellen, haben teilweise beeindruckende Marketingauftritte. Schöne Geschichten in wundervollen Bildern, garniert mit dem einen oder anderen Star oder Sternchen als Botschafter der Marke.
Aber was wollen Sie denn eigentlich kaufen? Eine nette Geschichte und das Gefühl, etwas erworben zu haben das auch der Schauspieler X oder der Fußballer Y trägt? Oder doch etwas wirklich Gutes und Nachhaltiges? Etwas in dem der Geist einer Marke und deren Werte deutlich erkennbar sind? Denn so etwas gibt es auch ohne laute und bunte Marketing-Heißluft. Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Marketing ist absolut notwendig und teilweise ja auch Kunst, aber es darf nicht die Hauptrolle spielen! Im Mittelpunkt sollte der Mensch (Kunde) stehen, der etwas von Menschen (Marke) erschaffenes erwirbt. Und ich bin der unerschütterlichen Überzeugung, dass man die Art und Weise wie etwas hergestellt worden ist auch an dessen Qualität erkennt. Etwas, in dem Herzblut, Hingabe, Mut und viel Aufwand steckt wird man auch als solches erkennen.
Warum also viel Geld in eine substanzarme und auf die Dauer ausdruckslose Uhr investieren, wenn man dafür auch ein ehrliches, tolles und emotionales Stück bekommen kann?
Es lohnt sich also etwas Zeit zu investieren und sich mit den Hintergründen der Marken und Produkte etwas zu beschäftigen. Und es macht durchaus auch Spaß zu wissen, was man da am Arm trägt!
Ein kleiner Tipp vorab: es sind oft die kleinen, aber sehr feinen Marken abseits des Mainstream, die das Potenzial haben Sie zu begeistern.
Moser & Cie.
Bei H. Moser & Cie. blickt man auf eine fast zweihundert Jahre alte Historie zurück. Und das beileibe nicht aus Marketinggründen. Vielmehr erforscht man diese Historie mit wissenschaftlichen Methoden und verfolgt heute noch die gleiche, mutige Linie, die einst Heinrich Moser als echter Pionier begründet hat. Sie zieht sich durch die Geschichte von Moser wie ein roter Faden. Er war ein leidenschaftlicher Unternehmer, der mit etwas über zwanzig Jahren sein eigenes Uhren-Unternehmen in Russland gegründet hat. Zudem hat er nach der Rückkehr in die Schweiz einen großen Teil seines Vermögens in die Entwicklung seiner Heimatregion Schaffhausen investiert, ohne damit rechnen zu können, dass sich diese Investition zu seinen Lebzeiten rentieren wird. Er erdachte und finanzierte den Bau des sog. Moser-Damms in Schaffhausen, mit dessen Hilfe die Wasserkraft des Rheins zur Entwicklung der Industrie seiner Heimatstadt genutzt werden konnte. Wohl niemand außer Heinrich Moser glaubte an die Realisierbarkeit dieses Projektes, denn noch niemand hatte vor ihm die technische Herausforderung angenommen und im Rhein einen Damm gebaut. Technische wie auch unternehmerische Pionierleistungen prägen das Leben des Heinrich Moser, der stets mehr tat als notwendig war. Dieser Mut, der Unternehmergeist und vor allem Heinrich Mosers Durchhaltewillen hat Schaffhausen maßgeblich zu dem gemacht, was es heute ist. Eine ganz ähnliche Einstellung findet am heute noch im 2005 wieder belebten Unternehmen.
Mittlerweile zeichnet die Familie Meylan für die Marke H. Moser & Cie. verantwortlich. Georges-Henri Meylan, früher die treibende Kraft hinter Audemars Piguet, hat sich nicht der Versuchung ergeben, sein Leben nach dem Verkauf von AP angenehm und in Ruhe zu verleben. Vielmehr hat er sein Kapital und vor allem seine unschätzbare Erfahrung genutzt und seiner Familie, vor allem seinen zwei Söhnen, eine gemeinsame Aufgabe mit der Marke H. Moser & Cie. gegeben.
Und so begreift man in der Familie Meylan die Marke H. Moser & Cie. nicht primär als Investment, sondern als unternehmerische Aufgabe. Und das spürt man in dem kleinen Unternehmen sofort. Edouard Meylan ist ein Unternehmer durch und durch, so wie sein Vater und auch so, wie Heinrich Moser einst einer war. Eine Reihe mutige und teilweise auch erfrischend-ungewöhnliche Entscheidungen haben Moser zu der Marke gemacht, die sie heute ist.
Die Villa Charlottenfels in Schaffhausen, das Wohnhaus von Heinrich Moser. Mit Blick auf den Rhein.
Doch wie beschriebt man die Marke ist H. Moser & Cie. heute am besten? Das ist nicht ganz so einfach, weil die Marke in vielerlei Hinsicht aus dem üblichen Rahmen fällt. Ursache hierfür sind die Menschen hinter der Marke, allen voran Edouard Meylan, die meist nicht den leichtesten Weg wählen um ans Ziel zu gelangen, stets aber den besten!
Sinnbildlich für das, was man bei H. Moser & Cie. macht, vor allem aber wie man es macht ist die oben und auf den folgenden Bildern gezeigte Uhr: die Endeavour Perpetual Calendar.
Ja, richtig! Das ist ein Ewiger Kalender, eine der schwierigsten Komplikationen im Uhrenbau. Und wie setzt H. Moser & Cie. dieses Konzept um? Auf die ganz eigene Art und Weise. Erfrischend im Design, bestechend in der Konzeption und in höchster Qualität. Dieser Ewige Kalender sieht ebenso einzigartig aus wie er auch konstruiert ist. Bei Moser beschränkte man sich bei dieser Uhr im Sinne der Übersichtlichkeit auf die unbedingt notwendigen, da täglich genutzten Anzeigen.
Neben der Anzeige von Stunden, Minuten und Sekunden ist auf dem Zifferblatt nur das ungewöhnlich große und damit gut ablesbare Datum und ein kleiner, dem Zentrum des Blattes entspringender Zeiger zu finden. Dieser kleine Zeiger nutzt die 12 Stunden Indicés als intelligente Form der Monatsanzeige. Zudem ist eine Gangreserveanzeige vorhanden, die bei einem Handaufzugswerk höchst sinnvoll ist. Der Übersichtlichkeit halber wurde auf die Anzeige von Wochentag und Mondphase verzichtet. Ersterer ist allgemein stets präsent und Zweitere interessiert im täglichen Leben nur begrenzt.
Die für einen Ewigen Kalender wichtige Anzeige des Schaltjahres ist auf der Rückseite, beim Anblick des wunderbaren Manufakturkalibers HMC 341, zu sehen.
Ebenso ungewöhnlich, ja frisch und überhaupt nicht angestaubt, kommt auch die Konstruktion des Uhrwerkes daher. Alles ist auf eine maximale Bedienerfreundlichkeit ausgelegt. Sämtliche Anzeigen der Zeit und des Kalenders lassen sich über die Krone einstellen, vorwärts und auch zurück. Einzige Ausnahme: die Schaltjahresanzeige wird über einen versenkten Drücker in der Gehäuseflanke bei 9 Uhr verstellt.
Die Anzeige des Datums nennt sich Flash-Calendar, weil sie wirklich exakt um Mitternacht und blitzschnell schaltet.
Zudem ist es eine sehr große Datumsanzeige, die über zwei übereinander liegende Scheiben realisiert wird. Je Scheibe sind nur die Zahlen von 1 bis 15 bzw. von 16 bis 31 zu finden. In der oben liegenden Scheibe ist ein Fenster eingelassen. So konnte die einzelnen Zahlen größer ausgeführt werden, da ja mehr Platz auf den Scheibem vorhanden war.
Das Datum lässt sich so auch ohne Brille sehr gut ablesen.
Die Krone wird über den patentierten Double-Pull-Crown-Mechanismus, den bei Moder alle Uhren mit Datum oder zweiter Zeitzone besitzen, bedient. Beim ersten Ziehen der Krone wird immer nur die erste Einstellposition z.B. des Datumserreicht. Man muss die Krone erst wieder komplett loslassen und noch einmal bis zum Anschlag ziehen um die zweite Einstellposition, z.B. der Zeitanzeige, zu erreichen. Das nervige Suchen der richtigen Einstellposition der Krone entfällt also.
Ebenso findet sich ein Doppelfederhaus in diesem Werk, welches die Gangreserve der Uhr auf praktische sieben Tage erhöht.
Die Hemmungsbaugruppe ist bei allen Moser Uhren, auch bei den Tourbillons, ein eigenständiges Bauteil, welches in allen Einzelteilen im Unternehmen gefertigt wird und die komplett getauscht werden kann.
Die erste Regulierung der Hemmungsbaugruppe erfolgt bereits, wenn diese noch gar nicht im Werk verbaut ist. So können Spirale und Unruh perfekt auf einander abgestimmt werden. Die abschließende Feineinstellung erfolgt dann im Zuge der Komplettierung des Uhrwerks.
Die Unterseite des Gehäuses des Ewigen Kalenders ist im Profil rund und schmiegt sich so angenehm an die ebenfalls runde Form des Handgelenks an.
Das Uhrglas dieses Modells ist in Form einer Safirglaskuppel ausgeführt.
Dies vermeidet störende Lichtreflexionen beim Ablesen.
All diese technischen Raffinessen, die man bei nahezu allen Moser Modellen so oder so ähnlich finden kann, werden bei Moser erdacht und auch umgesetzt. Exakt diese sehr weitreichende technologische Kompetenz, innovative und neuartige Lösungen zu finden, zeichnet Moser aus. So ist man in der Lage, immer wieder ungewöhnliche Zeitmesser in höchster Qualität zu konzipieren und auch selber zu realisieren. So eine Marke nenne ich tatsächlich und guten Gewissens eine Manufaktur. Und davon gibt es gerade mal noch ein Hand voll in der Uhrenbranche, die zumeist die Nestwärme großer Konzerne geniessen. Nicht so bei H. Moser & Cie. .
Neben der unternehmerischen Grundlage als familiengeführte Uhrenmarke und der technologischen Kompetenz, als echte Ideenschmiede immer wieder neuartige, faszinierende technische Lösungen zu finden zeichnet Moser als Manufaktur eine beeindruckende Fertigungstiefe aus. Alle wesentlichen Teile einer Moser-Uhr werden im eigenen Unternehmen gefertigt. Selbst Spiralen und Unruhen werden inhouse entwickelt und gefertigt. Für ein Unternehmen, das nur etwa 100 Uhren im Monat fertigt, ist das höchst beachtlich. Damit sich dieser Aufwand auch wirtschaftlich lohnt, verkauft Moser mittlerweile technische Lösungen auch an andere renommierte Uhrenmarken, die sich gerne der Kompetenz und Qualität von Moser bedienen.
All dies versetzt H. Moser & Cie. in die Lage, die eigenen Ideen konsequent umzusetzen und vollständig eigenständige Uhren zu konstruieren und auch zu fertigen. Ehrliche Uhren, die durch höchste Qualität und eine Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Uhrenbesitzer überzeugen. Ehrliche Uhren einer ehrlichen Uhrenmarke. Ohne viel Tamtam. Uhren von Menschen, die viel Herzblut investieren, für Menschen, die das zu schätzen wissen.
Mosers Motto „very rare“ bezieht sich also nicht primär auf die nur geringe Zahl an Uhren, die pro Jahr auf Grund des gewaltigen Aufwandes gefertigt werden können. Vielmehr bezieht es sich auf die sehr besondere, aufwändige Art und Weise, wie man die Dinge bei Moser macht. Eine limitierte Concept-Edition des oben beschriebenen Ewigen Kalenders, der noch wesentlich deutlicher reduziert daherkommt, zeigt den Mut, den man im Hause Moser beweist.
Und dieser Mut zahlt sich aus, denn diese limitierte Edition ist längst vergriffen.
Die für Moser so typischen Fumé-Blätter ziehen übrigens tatsächlich die Blicke auf sich.
Der Grund liegt sicher in der faszinierenden optischen Erscheinung, die sich bei verschiedenem Lichteinfall am besten erleben lässt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass diese Blätter in der Erscheinung dem menschlichen Auge ähneln?!
Augen ziehen Augen an.
Es ginge sicher profitabler, schneller, bunter und lauter. Aber bei H. Moser & Cie. setzt man andere Schwerpunkte und schwimmt eben nicht im Mainstream. Man setzt auf Substanz und Kompetenz, auf Qualität und Schaffenskraft. Und das wird sich am Ende des Tages durchsetzen, weil es nachhaltig und ehrlich ist. Für alle Seiten, vor allem aber für uns, die wir uns an wunderbaren Zeitmessern erfreuen.
Ich kann allen interessierten Menschen, die sich für diese Art der Unternehmensführung und Uhrenfertigung begeistern, nur empfehlen, sich die Uhren von H. Moser & Cie. einmal aus der Nähe anzuschauen. Dabei werden Sie noch besser erkennen können, was ich mit den oben verfassten Zeilen meine.
Im schön gestalteten Katalog, den ich unten als PDF mit in diesen Artikel eingefügt habe, können Sie den Einblick in die Marke noch etwas vertiefen.
Zu finden sind die Moser-Uhren z.B. in allen Bucherer-Geschäften. Eine vollständige Aufstellung der Konzessionäre wie auch weitere Informationen zu H. Moser & Cie. finden Sie auf der markeneigenen Homepage:
Viel Freude bei der Lektüre und mit H. Moser & Cie.!
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